Luxemburg/Lünen.

Beim Widerstand gegen den Bau des Trianel-Steinkohlekraftwerks im Lüner Stummhafen erhält der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Unterstützung: In einem am Donnerstag veröffentlichen Zwischengutachten räumt der Europäische Gerichtshof (EuGH) dem Umweltverband das Recht zur Klage ein – entschieden ist die Frage aber noch nicht.

Der BUND klagt gegen die Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg zur Errichtung des Kraftwerks in der Nähe mehrerer Naturschutzgebiete in den Lippeauen. Nach deutscher Gesetzeslage dürfen Personen und Organisationen aber nur für die Rechte konkreter Bürger vor Gericht ziehen, nicht für abstrakte Güter wie Gemeinwohl oder Umweltschutz. Das Oberverwaltungsgericht in Münster fragte deshalb den EuGH um Rat.

In Deutschland gilt die so genannte Aarhus-Konvention von 1998, die auch in ein EU-Gesetz übertragen worden ist. Dieses internationale Umweltschutz-Abkommen regelt die Beteiligung der Bürger bei umweltpolitischen Entscheidungen – etwa Baugenehmigungen für Kraftwerke.

Laut Aarhus-Konvention haben nicht nur Privatpersonen, sondern auch „nichtstaatliche Organisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen“ ein Interesse an der Bewahrung der Umwelt. Das heißt, sie dürfen für dieses Interesse auch vor Gericht ziehen.

Nun darf nach deutscher Rechtslage eine Organisation allerdings nur die Rechte betroffener Bürger einklagen. Diese Einschränkung steht im Widerspruch zum EU-Recht, argumentiert die britische Generalanwältin Eleanor Sharpston in ihrem Schlussantrag, einer Empfehlung an die Richter. Die Juristin schreibt, dass eine Umweltschutzorganisation sehr wohl die Interessen Einzelner bündeln könne, auch wenn kein Bürger unmittelbar etwa von einem Bauvorhaben betroffen ist: „Hätte die deutsche Regierung recht, würde es teilweise vom Zufall abhängen, ob eine nichtstaatliche Umweltorganisation klagebefugt ist.“ Denn dann würden Schäden für die Umwelt nur als Klagegrund gelten, falls auch Menschen betroffen wären. Wenn die deutsche Rechtslage EU-Gesetzen widerspreche, müsse sie geändert werden.

Die deutsche Regierung hat vor dem EuGH erklärt, sie befürchte eine Klagewelle, falls Umweltverbände im Zeichen des Umweltschutzes vor Gericht ziehen dürften. Deutschen Gerichten drohe die Überlastung und eine gründliche Prüfung jedes Einzelfalles sei nicht mehr gesichert. Das glaubt die Generalanwältin nicht: Sharpston hält es für effizienter, wenn eine Umweltorganisation im Sinne vieler einzelner Bürger klagen kann.

Die so genannte „Schlussfolgerung“ der Juristin ist lediglich ein juristisches Gutachten, das immer Teil von Verfahren vor dem EuGH ist. In der Mehrheit der Fälle folgen die Luxemburger Richter den Empfehlungen ihres Generalanwaltes. Tun sie dies auch im Fall Trianel, würden sie einen Präzedenzfall in Deutschland schaffen.

Das hätte nach Angaben des BUND und des Energiekonzerns Eon auch Auswirkungen auf das geplante Kohlekraftwerk in Datteln. Denn die Richter, die über die Klage um den Bau des Dattelner Kraftwerks befinden, warten die Entscheidungen ihrer Luxemburger Kollegen im Fall Trianel ab.