Werdohl. .

„Guten Tag! – Iyi günler!“ Iyi günler? Die Begrüßung auf Türkisch ist für die Schüler von Seher Cephanecigil nach acht Wochen schon kein Problem mehr. Zwölf Teilnehmer sitzen im Kursus „Türkisch als Fremdsprache“ der VHS Lennetal – der erste in Werdohl.

Das Lernen fällt gar nicht schwer. „Eine regelmäßige, logische Sprache“, sagt die türkische Dozentin aus Lüdenscheid. Wo in Französisch- oder Spanisch-Kursen bei solch beschwichtigenden Worten der Kursleiter die Sprachschüler gern ihre Augen verdrehen, kommt in diesem Kurs nur Zustimmung. „Das ist kein stupides Vokabelpauken hier“, wirft Ralph Kirsch ein.

Der Plettenberger ist mit einer Türkin verheiratet und mit der Hochzeit ist seine Familie um einiges größer geworden – in Deutschland, aber auch in der Türkei. Man möchte sich verständigen können, also lernt Kirsch nun die Muttersprache seiner Frau. Antje Stuberg hat bestimmt schon zehnmal Urlaub in der Türkei gemacht – die Landessprache lernt sie erst jetzt. „Es war ja schon peinlich, sich nicht verständigen zu können“, sagt die Werdohlerin.

Familie und Urlaub – zwei typische Beweggründe, eine andere Sprache zu erlernen. Allerdings haben fast alle der zwölf Türkischschüler noch ganz andere Motive. Ralph Kirsch ist nämlich auch Ausbilder in der Lehrwerkstatt in Plettenberg. „Das öffnet eine ganz neue Welt“, sagt Kirsch – schließlich sind viele Lehrlinge Türken. „Wenn man miteinander redet, kann man verhärtete Fronten weicher kriegen“, weiß die Dozentin. Und die kann es zwischen Meister und Azubi ja geben. Warum mit dem stolzen 17-Jährigen nicht ‘mal auf Türkisch Tacheles reden? Könnte cool sein.

Religion ist auch ein Thema. Anja Meurer, die evangelische Bibelklassen unterrichtet, möchte irgendwann gern einmal so gut Türkisch sprechen können, um sich „mit Türken über den Glauben zu unterhalten“, und Lara Stuberg (15) auf dem Schulhof gern einmal mit einer Antwort „auf Türkisch“ überraschen. VHS-Direktorin Barbara Funke, hier einmal auf der Schülerseite, sieht eine Herausforderung: „Man kann ersehen, welche Schwierigkeiten Türken haben, die deutsche Sprache zu erlernen.“

Verständigung baut Vorurteile ab

Eine Entschuldigung für Türken, künftig nicht mehr Deutsch lernen zu müssen, liefere der Kursus natürlich nicht. Im Gegenteil, die Handvoll Türkisch lernender Deutscher könnte aber ein Vorbild sein. „Ich erhoffe mir auch Signalwirkung für Türken, dass man eine andere Sprache lernen kann und soll“, sagt Funke. Seher Cephanecigil, die in VHS-Kursen in Lüdenscheid auch schon Werdohler Polizeibeamte unterrichtete, sieht die Mentalitätsunterschiede als Hürde, die durch Verständigung überwunden werden könne. Warum nicht ein paar Brocken Türkisch lernen? Etwas über die andere Kultur erfahren? Im Kursus haben sie auch Opferfest, das höchste islamische Fest, gefeiert mit Musik, Gebäck und Tee. Vielleicht öffneten sich die verschlossenen Türken ja schneller, wenn auch ihre Kultur ernst genommen werde. „Sie spüren die Nähe“, sagt Seher Cephanecigil. „Das Beste, um Vorurteile zu überwinden, ist die Sprache zu erlernen.“