Lünen/Unna. .

Die Angeklagte schweigt beharrlich und nickt die zig Betrugsvorwürfe zustimmend ab. Ihre schon in jungen Jahren ausgeprägte kriminelle Kondition und beharrliche Dreistigkeit macht das Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Birgit Vielhaber-Karthaus sprachlos.

Allein das dreimonatige Baby unterbricht seinen Schlaf in Saal 107 des Amtsgerichtes Unna und quengelt wegen offensichtlichen Unwohlseins beim Verlesen der Anklageschrift mit über 60 Betrügereien seiner Mutter.

Angereist sind die 20-jährige Lünerin und ihr drei Monate altes Baby aus der Mutter-Kind-Einrichtung der Justizklinik Fröndenberg, wo sie zusammen mit ihrer zweieinhalbjährigen Tochter die zehnmonatige Jugendstrafe absitzt. Bezeichnend waren die Wochen vor dem Haftantritt im Mai, als sie wegen fortgesetzten Betruges zunächst vom Amtsgericht zum Freiheitsentzug ohne Bewährung verurteilt wurde und gegen das Urteil in Berufung ging.

Im Taxi durchs Land

Die Zeit bis zum letztinstanzlichen Urteil am Landgericht und ungeachtet der dort drohenden Haftstrafe setzte die junge Mutter ihre Betrügereien munter fort. Wie auch schon in den Jahren zuvor, als sie mit dem Taxi durch die Republik reiste, ohne zu bezahlen, Waren online bestellte, obwohl sie als Hartz-IV-Empfängerin weder willens noch in der Lage war, sie zu bezahlen. Andererseits verkaufte sie über ein Internetauktionshaus Laptops und kassierte das Geld, ohne die Ware zu liefern. Sie gab sich als Mitglied des Tierschutzvereins „Arche 90“ aus und kaufte auf dessen Rechnung Waren für rund 1500 Euro für ihre Katze sowie einen Rottweiler-Welpen für 300 Euro, den sie nie bezahlte und ihrem Freund schenkte. Generös zeigte sie sich auch zur Schwester, die sie in den Movie-Park einlud. Weder die Tickets noch die Hotelrechnung wurden je beglichen. Wie die Kosten, die das Ringhotel Lünen für Übernachtung und Frühstück in Rechnung stellte. Über Fleurop bestellte sie ihrer Mutter „Alles Liebe zum Geburtstag“ mit Blumenstrauß und Parfümerie-Gutschein.

„Das ist an Frechheit nicht zu überbieten“, so die Vorsitzende Richterin Vielhaber-Karthaus, die die Zukunft der jungen Mutter in ihrem „Schuldensumpf“ ohne Beruf und Ausbildung eher schwarz sieht. Schließlich sei sie bislang völlig unbeeindruckt gewesen von den Maßnahmen der Justiz: „Was kann Sie bloß stoppen?“ - Zunächst jedenfalls zwei weitere Jahre Haft, die das Jugendschöffengericht gestern verhängte.