Unna. .
Trifft die Neue Philharmonie Westfalen mit dem aktuellen Kinderkonzert den richtigen Ton? Das fragen sich Eltern vor dem Doppelauftritt des regionalen Orchesters heute in der Stadthalle.
Starken Tobak hat sich die Philharmonie für diesen Herbst ausgesucht. „Die Mittagshexe“ steht auf dem Spielplan. Das ist eine von Antonín Dvorák vertonte Ballade des tschechischen Dichters Karel Jaromír Erben. Darin gerät eine Mutter über das Quengeln des gelangweilten Sohnes so in Rage, dass sie ihrem Kind die Mittagshexe an den Hals wünscht.
Tatsächlich erscheint die böse Hexe und will das Kind rauben. Die nun verzweifelte Mutter erschrickt über die Folgen ihres Tuns so sehr, dass sie ihren Sohn fest an sich presst und in Ohnmacht fällt. Als der Vater nach Hause kommt, findet er die ohnmächtige Frau vor. Der Sohn ist in ihren Armen erstickt.
Das sei für ein Konzert vor Grundschülern doch etwas zu brutal, wurde dieser Tage in manchen Pflegschaftssitzungen an Unnaer Schulen als Kritik formuliert. Zumal die Vorbereitung im Unterricht auf die beiden Aufführungen heute das eine oder andere Kind verschreckt hat. Für Philharmonie-Sprecher Mark Mefsut sind derlei Reaktionen neu. „Wir spielen das Stück seit sechs Jahren, und noch nie gab es etwas zu beanstanden.“
Allerdings habe es in den Anfängen kritische Rückmeldungen von Lehrern gegeben. Auch sie fragten, ob dies das Richtige für Kinder sei. Also baute die Philharmonie um den Jugenddramaturgen Roland Vesper Sicherungen für die Kinderseelen ein. Einerseits werde die Ballade ausschließlich mit Dvoráks Mitteln musikalisch erzählt und nicht vorgelesen. Ferner weist Mefsut darauf hin, dass die Philharmonie ein alternatives Ende erfunden habe. Das Kind darf überleben.
Wenn denn Schüler im Unterricht geschockt reagierten, dann könne es daran liegen, mutmaßt Mefsut, dass die Lehrer nicht sensibel genug mit dem Stoff umgegangen seien. Den Lehrern werde im Begleitmaterial immer erklärt, dass es eine kindgerechte, entschärfte Version sei und „nichts Brutales“ beinhalte. Am Ende, so Mefsut, sei jede Stunde Kinderkanal im Fernsehen brutaler als das Kinderkonzert. Von vielen der beliebten Grimms-Märchen gar nicht zu sprechen.