Marcel Böcker, langjähriger Mitarbeiter unserer Sportredaktion, absolviert zurzeit ein Auslandspraktikum in Irland. Bei seinem Aufenthalt in der Hauptstadt Dublin nutzte er die Möglichkeit, einen Einblick in die „International Rules Series“ zu gewinnen. Ein Wettkampf zwischen Irland und Australien, in dem es um mehr als „nur“ Tore geht.


„Céad Mile Fáilte (Herzlich Willkommen auf Gälisch) aus Dublin! Ein tolles Stadion, eine unglaubliche Atmosphäre auf den Rängen und ein tolles Spiel. So kann man meinen Abend im Croke Park in Dublin beim Spiel der „International Rules Series“ beschreiben. Jeder, der noch niemals in Irland oder Australien war, wird sich jetzt durchaus berechtigt fragen, was ist denn die „International Rules Series“?

Fußball, Handball oder Tennis zählen hier nicht gerade zu den Nationalsportarten. In Irland stehen die gälischen Sportarten „Hurling“ und „Gaelic Football“ im Fokus der Öffentlichkeit. Auf Platz drei folgt Rugby und erst auf dem vierten Rang könnte man den uns bekannten Fußball einordnen. „Hurling“ und „Gaelic Football“ zu erklären würde den Rahmen sprengen, obwohl beide Sportarten sehr interessant anzuschauen sind.

Die „International Rules“ sind dagegen eine Mischung aus dem irischen Gaelic Football und dem Australian Football.

Tacklings, Raufereien
und hohes Tempo

Seit 1998 wird die „Serie“ zwischen der irischen und australischen Nationalmannschaft ausgetragen. Jede „Serie“ besteht aus zwei Partien. Ja, es hat ein wenig mit dem uns bekannten Fußball gemeinsam. Es gibt Tore. Das ist dann aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit. Auf dem Feld geht es eher zu wie beim Rugby: Harte Tacklings, auch mal eine kleine Rauferei, aber vor allem Tempo, Tempo, Tempo. Kein Ball, der mal für zwei Minuten in den eigenen Reihen gehalten werden kann. 72 Minuten (vier Viertel á 18 Minuten) lang geht es hin und her. Gespielt wird mit 15 Spielern (14+1). Der Ball darf geschossen, getragen, geworfen oder geköpft werden. Der Platz ist auch um einiges länger und breiter. Das Spielfeld ist über 140 Meter lang und knapp 90 Meter breit.

Gepunktet werden kann auf drei verschiedene Arten. Durch Goals (6 Punkte), Overs (3 Punkte) und Behinds (1 Punkt). Goals sind Tore, so wie wir sie vom Fußball kennen. Bei einem Over muss ein Spieler den Ball durch zwei Stangen über dem Tor befördern. Behinds sind Punkte, die erzielt werden wenn der Ball neben den Toren zwischen zwei Pfosten landet.

Die Partien dieses Jahr fanden in Limerick, an der Westküste Irlands, und in der Hauptstadt Dublin statt. Die erste Partie konnte die Australische Mannschaft mit 47:40 für sich entscheiden. Die zweite Partie fand im Croke Park in Dublin statt.

Drittgrößtes
Stadion Europas

Mit 82.500 Zuschauern Fassungsvermögen ist es das drittgrößte Stadion Europas. Doch die Geschichte, die dieses Stadion in sich trägt, dürften nur sehr wenige Stadien der Welt übertreffen. Seit über 150 Jahren wird an dieser Stelle Sport getrieben. Seit 1903 ist das Stadion Eigentum der Gaelich Atheltic Association (GAA). Der Croke Park ist ein „neutrales“ Stadion. Kein Verein hat in diesem Stadion Heimrecht. Jede Mannschaft wird gleich behandelt. Im Croke Park werden, mit Ausnahme zwischen 2007 und 2009, auch nur Spiele der GAA, also „Hurling“ und „Gaelic Football“ ausgetragen.

Die Stimmung an diesem Abend war einfach unglaublich. Zwar war das Stadion mit „nur“ 62.000 Zuschauen nicht annähernd ausverkauft, aber dennoch bot sich auf den Rängen ein farbenfrohes Bild. Das rasante Spiel trug seinen Teil dazu bei, dass die Zuschauer voll auf ihre Kosten kamen.

In den ersten drei Vierteln waren die Australier überlegen und ließen die Iren nicht in den gewohnten Spielfluss kommen. Doch mit dem Ende des dritten Viertels gelang den Iren das erste und einzige „Goal“ der Partie und somit sechs Punkte, die den Anfang einer unglaublichen Aufholjagd einläuteten. Im letzten Viertel brannten die Gastgeber ein wahres Feuerwerk ab. Sie kämpften um jeden Meter Rasen, mit Tacklings, wie man sie nur beim Rugby oder vielleicht American Football sieht. Doch dieses unglaubliche Tempo konnte die irische Mannschaft nicht halten. Eine kleine Schwächephase nutzten die Australier, um sich den 55:52-Sieg zu sichern. So standen die Australier als Gesamtsieger der „International Rules Series 2010“ fest und nehmen den Pokal, zumindest bis zum nächsten Jahr, mit nach Down Under. Um mit den gälischen Worten abzuschließen. Slàn leat! (Tschüss)