Märkischer Kreis. .
Geladin (20) fühlt sich in dem Land zu Hause, das ihn ausweisen will. „Asylbewerber – abgelehnt“: das steht in seinem Ausweis und auch in seinem Innersten.
Aber Geladin will in Deutschland bleiben. „Ich kenne nichts anderes“, sagt er.
Seine Eltern kommen als Flüchtlinge nach Deutschland. Geladin ist zwei Monate alt. 1998 reist die Familie in die USA. Seine Mutter bekommt einen amerikanischen Pass. Fristen für Anträge werden nicht eingehalten. Als Geladin volljährig wird, muss er den amerikanischen Pass selbst beantragen. Aber ohne Glück. Er muss zurück nach Deutschland.
„Asylbewerber – abgelehnt.“ Darum kreisen seine Gedanken jeden Tag. „Die Leute, die an mir vorbeigehen, haben das Recht hier zu leben und zu arbeiten. Selbst wenn sie Hartz IV bekommen oder auf der Straße leben, sind sie mehr wert als ich.“ Er fühlt sich wie in einem Gefängnis. Geladin darf den Märkischen Kreis nicht verlassen. Außerhalb von Lüdenscheid darf er nicht übernachten. Eine Arbeitserlaubnis bekommt er nicht. „Was soll man da den ganzen Tag machen?“ Geladin ist oft im Jugendzentrum Sterncenter. Dort trifft er Freunde, die ihn verstehen. Rafael und Resan kamen auch als Flüchtlinge nach Deutschland. Die Zeit im Asylantenheim und in der Schule war für sie nicht leicht. „Du kommst dahin und kannst die Sprache nicht. Du siehst anders aus und du sprichst anders“, sagt Rafael. „Sie haben über uns gelacht, weil wir kaputte Schuhe hatten.“
Vor allem von den Lehrern fühlten sie sich im Stich gelassen. „Die haben gesehen, dass wir hoffnungslose Fälle sind.“ Schulabschluss? Der war nicht drin.
Rafael und Resan haben heute einen deutschen Pass. Raphael macht jetzt seinen Realabschluss nach – mit Qualifikation für die Oberstufe.
Trotz Vorurteilen und Schwierigkeiten sind die drei jungen Männer froh, in Deutschland zu leben. „In unserem Ursprungsland wären wir schon längst tot“, sagt Geladin. Doch für ihn bleibt die Lage hoffnungslos. „Ich kann nicht viel albanisch sprechen. Ich würde eine 6+ bekommen.“
Vor den Behörden hat Geladin Angst. Sie sind es, die ihn wieder wegschicken können. „Um eine Arbeitserlaubnis zu bekommen, brauche ich einen gültigen Pass.“ Den bekommt er nur, wenn er seine Geburtsurkunde vorlegen kann. Aber die steckt irgendwo in Regalen im Kosovo oder ist schon längst verbrannt. „Wenn ich aber einen Pass habe, können sie mich abschieben. Auf der anderen Seite kann ich nur so ein erneutes Asylverfahren beantragen“, erzählt er. „Sie spielen mit mir. Ich bin ein Elfmeterschuss, aber es gibt kein Tor.“ Doch Geladins Kampf um eine gültige Aufenthaltsgenehmigung funktioniert nur über die Behörden.
Gerade putzt Geladin seine neue Wohnung. Vorher hat er bei der Oma gewohnt. Aber die beiden verstehen sich nicht gut. Durch die eigene Wohnung, bei der ihm seine Eltern helfen sie zu finanzieren, hofft er, zumindest äußerlich ein normales Leben zu führen.
Im Sommer verbrachte er viel Zeit in der Fußgängerzone, hofft, dass niemand die Worte in seinem Inneren und die in seinem Pass lesen kann: Asylbewerber – abgelehnt. Auf den Stufen vorm Rathaus sitzt er manchmal und zeichnet. Er zeichnet seine Träume. „Ich habe noch nie das Meer gesehen und ich denke oft: Was wäre wenn...“ Für einen Sonnenuntergang am Strand muss Geladin ins Kino gehen.