Reeserward. .

Gerfried Schell hat schon als Junge heimlich unter der Schulbank Hermann Hesse gelesen. „Er hat mich immer fasziniert“, gesteht der Antiquitätenhändler aus Reeserward.

Seit seinem 20. Lebensjahr sammelt er auf Trödelmärkten und in Antiquariaten alles über und von dem berühmtem Schriftsteller und Maler. Zu den Reeser Kunsttagen stellt er Raritäten seiner außergewöhnlichen Sammlung aus. Gekrönt wird sie mit dem Vortrag der Tourismusjournalistin Dr. Gabriele M. Knoll „Mit Hermann Hesse durch das Tessin“ am Sonntag, 7. November, um 14.30 Uhr. Unterstützt wird die Veranstaltung vom Hermann-Hesse-Museum in Montagnola.

Gabriele Knoll wurde ebenfalls in den 70er Jahren vom Hesse-Virus infiziert. Bei Wanderungen begleitete sie Hesse im Rucksack. Ergriffen stand sie als junge Frau an Hesses Grab in Gentilino und bereiste das Tessin auf den Spuren Hesses. In Reeserward wird sie den Menschen Hesse vorstellen, seinen Alltag, seine Liebe zu Gartenanlagen und zur Malerei. Und seine Aquarelle zeigen.

Dazu kann Gerfried Schell aus seiner Sammlung einiges beitragen. So besitzt er eine limitierte Mappe mit Bildern von Hesse, die der Suhrkamp Verlag in einer Auflage von 200 Exemplaren verlegt hat. Schell besitzt die 187ste. Ebenso gibt es eine Tonaufnahme von Hesse, die das Schweizer Lokalradio kurz vor seinem Tod aufgezeichnet hat.

Viele Erstauflagen hat Schell gesammelt. „Es ist spannend zu vergleichen, in welcher Zeit welches Buch in was für einer Aufmachung herausgegeben wurde“, analysiert Schell. Schließlich besitzt er einige Bücher von der ersten bis zur letzten Ausgabe. Besonders fasziniert ihn die umfangreiche Korrespondenz, die Hesse in seinen letzten Jahren verfasste. „Oftmals waren die Briefe mit kleinen Aquarellen versehen.“

Das Schönste, was Gerfried Schell kürzlich beschieden wurde, ist ein Brief, den ihm eine liebe Freundin schenkte. Die dritte Frau von Hermann Hesse, Ninon, verschickte die Kurzgeschichte „Jakob Boehme’s Berufung“ von Hesse mit seiner Signatur zu Freunden nach Israel.

Hesses
Signatur

Auch ihre beiliegenden, handgeschriebenen Grüße sind jetzt in Schells Besitz. In einer Vitrine wird dieser einmalige Luftpostbrief aus dem Jahr 1964 ausgestellt.

Im Jahr 2002 widmete der Stern Hermann Hesse eine Ausgabe, die ihn als Guru für die Jugend der Welt darstellt. „Für Wandervögel, Kriegsheimkehrer, Woodstock-Hippies, Poona Pilger und Computer-Kids sind seine Bücher Bibel“, wird er beschrieben.

Hesse ist der meistgelesene deutschsprachige Autor, seine Werke wurden in 60 Sprachen übersetzt, 100 Millionen mal gedruckt. Schells Sammlung umfasst 450 Bücher, auch Hesses Lieblingsbuch „Klingsors letzter Sommer“.

Im Tessin hat Hermann Hesse Zuflucht gesucht. „Nie habe ich so schön gewohnt wie im Tessin!“, schrieb er einmal. „Hier schient die Sonne inniger, und die Berge sind röter.“

In der Ausstellung und im Vortrag soll eben dieser Hesse beleuchtet werden.

Übrigens: Das Antiquitätengeschäft von Gerfried Schell liegt hinter dem Restaurant „Drei Raben“. Da der Küchenchef früher im Tessin arbeitete, stehen Schweizer Spezialitäten auf der Speisekarte. Somit könnten die Kunsttage ein rundum Tessiner-Erlebniswochenende in Reeserward 5a vis à vis vom Yachthafen werden.