Schwerte. .
Den Tag hatte sich Jörg Lindemeier aber ganz anders vorgestellt: Eigentlich wollte der Geschäftsmann gegen Mittag in Frankfurt sein, hatte dort einen wichtigen Termin. Doch da sein Zug in Schwerte eine Viertelstunde verspätet ankam, verpasste er die Anschlussverbindung und damit auch den Termin. Da saß der Frust tief, obwohl der 42-Jährige Verständnis für den Warnstreik der Bahnbediensteten zeigt. „Ich hätte ja auch einen Zug eher genommen, denn seit gestern Abend ist bekannt, dass mit Behinderungen zu rechnen ist“, sagte er gestern Morgen. Doch er hatte im Voraus den Platz gebucht. „Gerade erst habe ich gehört, dass man das Ticket auch in anderen Zügen nutzen kann.“
Reichlich verärgert stand auch Uwe Ziehlke am Bahnsteig. Er hatte einen dringenden Arzttermin und musste nun auf der Anzeigetafel lesen: Verspätung zwischen zehn und 70 Minuten.
Nicht ganz so lange mussten sich zahlreiche Berufsschüler gedulden, die nach Dortmund wollten. Rund eine Viertelstunde Verspätung hatten die Verbindungen am Morgen. Einige Jugendliche waren aber, nachdem sie von dem Streik gehört hatten, clever genug, einen Zug früher zu nehmen. Somit kamen sie noch pünktlich zum Unterrichtsbeginn. Andere Schüler schauten da eher verdutzt auf die Anzeigetafel, und den einen oder anderen schien auch eine gewisse Nervosität zu befallen. Denn Streik gilt nicht zwingend als Entschuldigung, wenn man verspätet in der Schule erscheint.
Nicht weit von dem Schülerpulk entfernt stand Ralf Peters, der aus beruflichen Gründen nach Essen wollte. Eine Stunde unvorhergesehene Wartezeit musste er über sich ergehen lassen. Ob die Streikenden mit ihrem Forderungen richtig liegen, da hegt der Schwerter doch gewisse Zweifel. Das Lohn- und Gehaltsniveau in allen Sparten und bundesweit anzugleichen, betrachtet er kritisch. Denn es bestehen nun mal, sagt er, in Sachen Einkommen regionale Unterschiede.
Während er und viele andere Reisewillige in der Bahnhofshalle standen, waren in unregelmäßigen Abständen Durchsagen zu den Verspätungen zu hören. Auch der Anzeigetafel waren einige wichtige Informationen zu entnehmen. Das sei sicherlich hilfreich, sagten einige Bahn-Kunden. Nichtsdestotrotz vermissten sie DB-Servicekräfte , die sie direkt hätten ansprechen können, um mit ihnen zu überlegen, ob man auch auf anderen Wegen zum avisierten Ziel kommen könnte. Verspätungen von einer Stunde und mehr, die die Fahrgäste nach Münster zu ertragen haben, „sind nicht wirklich witzig“, sagte ein älterer Mann.
Eine andere Verbindung in die Domstadt hatten sich Dagmar und Horst Monecke rausgesucht und mussten nur eine Viertelstunde auf ihren Zug warten. Gelassen nahm Rainer Hunkel die Streikaktion hin. „Zehn Minuten Verspätung, das kann mir, wenn ich mit dem Auto fahre, beim Stau auch passieren“.