Märkischer Kreis. .

Nach ‘nem Fratzengeballer lieber noch ‘nen Flüssigwecker reinschädeln. Auf dem Porzellanthron dillern oder die Sprühwurst abseilen. – Nix verstanden? Dabei kürt Langenscheidt gerade das Jugendwort 2010. Und diese Wörter wurden eingereicht – natürlich von Jugendlichen. Egal ob Puffwasser (Sekt), Hummeltitten (Gänsehaut) oder Brüllkäfer (Furz) – Die Jugend zeigt sich kreativ in ihrer Wortwahl.

Manche Phrasen sind nur örtlich im Umlauf. Im Märkischen Kreis stehen zurzeit Wörter wie chillen, Erzeugerfraktion, prall und Gammelfleischparty hoch im Kurs. Eine eigene Sprache für Jugendliche? Braucht es das?

„Klar“, sagt Lea (17) aus Lüdenscheid. „Ich will doch nicht reden wie meine Eltern. Sprache verändert sich halt. Und ich finde das auch gut so. Manchmal gibt es ja auch noch gar keine Wörter für Dinge. Da muss man dann kreativ sein.“

Andere Wortwahl im Bewerbungsgespräch

Dabei zeigt sich, dass Sprache auch vom sozialen Background geprägt ist. „Mein Bruder sagt immer ,Du Opfer!’, wenn er jemanden beleidigen will, sagt Tonja (15). „Ich glaube, er fühlt sich selbst als Opfer, wird manchmal gehänselt und so.“

Symbolfoto zum Thema Jugendsprache für RND Kreisseite Foto: Guido Raith
Symbolfoto zum Thema Jugendsprache für RND Kreisseite Foto: Guido Raith © WR

Patrick Mertz (19) hat dazu noch eine ganz andere Meinung: „Ich finde auch, Jugendliche müssen ihre eigene Sprache haben, aber solche Worte wie ,Du Opfer’ sind doch nur peinlich. Das benutzen die doch nur, weil sie sich wahrscheinlich selber in dieser Rolle sehen. Jugendsprache ja, aber bitte noch im normalen Bereich.“ Kaum hat Patrick seinen Satz vollendet, kommt ein Kumpel vorbei und begrüßt Patrick: „Na du Schabracke, alles fit im Schritt?“ Freundschaftlich geben sich die beiden jungen Männer die Hand und umarmen sich. „Unter Freunden redet man halt so“, sagt Hendrik (16). „Das ist auch gar nicht böse gemeint.“ Kann man dann noch unterscheiden, wenn dich mal wirklich jemand anmacht? Hendrik ist sich sicher. „Klar, das sieht man doch an der Gestik.“

Sprachprobleme der Generationen hat Pina auch schon in der Schule erlebt. „Hä? Hab ich mal gesagt, als meine Lehrerin mich ansprach. ,Das heißt: Wie bitte’, hat sie gesagt. Recht hat sie ja, aber im Alltag redet man halt anders. Aber für ein Bewerbungsgespräch wählt man dann schon andere Worte.“

Nach der Kneipe grüßt das Lattenmännchen

„Lattenmännchen“ ist Tinos Lieblingswort. „Das ist der Moment, wenn man betrunken aus der Kneipe kommt und die Frischluft einem wie eine Latte gegen den Kopf donnert.“

Dass die Jugend eine andere Sprache braucht, zeigt auch Martin Dreyer. Er hat das Neue Testament in eine jugendgerechte Sprache übersetzt – und die Volxbibel beschreiben. „Jesus ist ein Ur-ur-ur-und-so-weiter-Enkel von David und Abraham“, so fängt die Übersetzung an. An weiteren Versionen konnten sich Jugendliche beteiligen und über Wikipedia dem Text der Bibel selbst ein neues Gesicht geben. Nach dem Vorbild von Martin Luther „ist es das Ziel der Volxbibel, eine möglichst normale Sprache zu sprechen, mit Ausdrücken, wie man sie im Jugendzentrum oder auf dem Schulhof hört“, schreibt Dreyer im Vorwort.