Kleve/Kamp-Lintfort..

In Kleve gibt es erstaunlich viele Organisationen, die für Tiere in Not Spenden sammeln. Sie alle führt Sigurd Tenbieg, der auch beim Bund deutscher Tierfreunde in Kamp-Lintfort aktiv ist. Der darf in Rheinland-Pfalz nicht mehr sammeln.

Tiere funktionieren immer: Schauen Hunde oder Katzen von einer Spendendose, öffnen sich Por­temonnaies. Doch es stellt sich die Frage, ob die Spenden in echte Hilfe fließen.

So existiert im kleinen Kleve eine erstaunliche Zahl an Hilfsorganisationen: Tierschutzförderverein, Südeuropäische Tierhilfe, Tiernothilfe in Europa, Tierheim-Tierhilfe, Animal Friends International oder die Natur- und Tierhilfe. Vorstand in all diesen Vereinen: Sigurd Tenbieg. In der Mehrzahl agiert er sogar als Präsident. Probleme, den Überblick zu behalten, habe er nicht, teilte er auf Anfrage mit.

Personengeflecht in
den Unternehmen

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ist da anderer Meinung. Es hat dem Tierschutzförderverein untersagt, in Rheinland-Pfalz weiter Spenden zu sammeln. Als Be­gründung nennt das Ge­richt die Tatsache, dass bei Materialkosten „Rechnungen einer Firma seines ersten Vorsitzenden auftauchen.” Wörtlich heißt es in der Entscheidung: „Das Personengeflecht hinsichtlich der mit der Öf­fentlichkeitsarbeit und Mitgliederwerbung beauftragten Unternehmen bieten derzeit gewichtige Anhaltspunkte da­für, auf eine nicht hinreichend zweckentsprechende Verwendung der vereinnahmten Gelder zu schließen.”

Was damit gemeint ist: Exakt unter der Adresse des Tierschutzfördervereins in Kleve sind eine Reihe von Gewerben angemeldet: Einzelhandel mit Waren für den Bereich Tierbedarf und die Vermittlung von Dienstleistungen; Büroservice und Öf­fentlichkeitsarbeit; Werbevermittlung; Tierfuttermittel und Tierbedarfsartikel; Einzelhandel mit Waren für den Bereich Tierbedarf an. Sigurd Tenbieg selbst bietet die Vermittlung von Dienstleistung und die Dienste einer Presseagentur an. Eine „Warenpalette”, die gut zu den Vereinen zu passen scheint, doch Sigurd Tenbieg verneint auf Anfrage dieser Zeitung, dass die GmbHs Aufträge der Vereine erhielten.

Der Tierschutzförderverein verzichtete auf einen Widerspruch gegen das Sammlungsverbot, auch eine neue Erlaubnis für Rheinland-Pfalz wolle man nicht beantragen: wegen der Kosten.

In Nordrhein-Westfalen darf der Verein dagegen nach wie vor um Spenden bitten, das Sammlungsgesetz wurde in NRW 1997 abgeschafft.

Jan Simon Busse, Experte für Rechnungslegung und -prüfung von Vereinen an der Universität Göttingen, erscheint die Vereins-Kon­struktion fragwürdig. „Im Sinne einer sauberen Vereinsführung ist das Konstrukt kritisch zu betrachten.“

Stefan Loipfinger, der mit seinem Internetportal „Charitywatch” regelmäßig gemeinnützige Vereine und Stiftungen auf deren Effizienz hin durchleuchtet, nennt Hintergründe für ein derartiges Vereins-Konglomerat: „Auf diese Weise kann man Gelder hin- und herschieben, die Relation von Einnahmen und Ausgaben verbessern und damit die steuerlich wichtige Gemeinnützigkeit erhalten.” Die geht verloren, wenn mehr als die Hälfte der Einnahmen nicht satzungsgemäß verwendet wird.

Für Loipfinger wirft das Klever Beispiel ein Schlaglicht auf die gesamte Szene. Er habe bei seinen Recherchen quer durch Deutschland bei Tierschutzvereinen viel Unseriöses ge­funden. „In dieser Hinsicht habe ich eine Reihe von Enttäuschungen erlebt.”

Dass gerade im Bereich Tierschutz schwarze Schafe und krumme Hunde unterwegs sind, hänge mit der Tatsache zusammen, dass man mit Tieren – neben Kindern – besonders gut Spenden sammeln und Geld verdienen könne.

Erhebliches Missbrauchspotenzial

In dieser Hinsicht fällt auch der Bund deutscher Tierfreunde (BdT) mit Sitz in Kamp-Lintfort auf. Auch dem BdT ist in Rheinland-Pfalz mit einem Urteil des Verwaltungsgerichts Trier das Spendensammeln untersagt worden. In der Urteilsbegründung vom März dieses Jahres wird als ein Grund angegeben, dass 2007 mehr als ein Drittel der Spenden an eine Marketingfirma geflossen seien, die maßgeblich von – früheren – (Gründungs-)Mitgliedern des BdT getragen wird. Darin sah das Gericht ein erhebliches „Missbrauchspotenzial”.

Handelt es sich beim Bund deutscher Tierfreunde um ei­nen Einzelfall wie beim Tierschutzförderverein in Kleve? Zwischen beiden Vereinen existiert eine Verbindung: Zweiter Vorsitzender des BdT ist: Sigurd Tenbieg.