Dorsten. .

Mit seinem Thema Vorsorgevollmacht, erzählt Detlev Ingendoh, „fahre ich seit einigen Jahren auch zu Motorrad-Gottesdiensten“. Dort trifft er als Abgesandter des Evangelischen Betreuungsvereins dann auf die scheinbar übermächtige „Suggestion der Unkaputtbarkeit“.

Tatsächlich aber ist niemand „unkaputtbar“, und darum ist die Vorsorgevollmacht ein Thema nicht nur für hochbetagte Menschen. Der Caritasverband, die beiden Betreuungsvereine in Dorsten und die städtische Betreuungsstelle wollen darüber mit möglichst vielen Bürgern ins Gespräch kommen: am Donnerstag, 21. Oktober, von 9 bis 18 Uhr vor dem Bürgerbüro des Rathauses, Halterner Straße. „Was wird“, so beginnt die Frage auf den Einladungskarten, „wenn ich für mich nicht mehr entscheiden kann?“

Die Antwort ist für viele alte Menschen mit Angst besetzt. „Vielen Älteren spukt die Entmündigung im Kopf“, sagt Monika Stolla, diplomierte Sozialarbeiterin und rechtliche Betreuerin beim Caritasverband. „Entmündigt“ sind aber weder die Menschen in der Rechtlichen Betreuung noch jene, die eine Vorsorge-Vollmacht ausgestellt haben.

„Gesetzlich ist das ganz eindeutig geregelt“, erklärt Ulrich Stewing vom Verein für sozialpädagogische und wirtschaftliche Betreuung. „Auch Ehepartner oder Kinder sind gesetzliche Vertreter nur mit einer Vollmacht.“ Das sollte also in verbindlicher schriftlicher Form geregelt sein, ehe bei einem Notfall die Ärzte nach der Vorsorgevollmacht fragen – und ehe ein Gericht „notfallmäßig einen völlig Fremden zum gesetzlichen Vertreter bestimmt“.

Dies betonen die Fachleute: Dafür ist ja die Vorsorgevollmacht da, um für den Fall der Fälle alle wichtigen Lebens- und Vermögensfragen in den Händen jenes Menschen zu wissen, dem man wirklich vertraut. Schreck-Momente während der Beratungsgespräch in den vier Dorstener Institutionen sind dann allerdings Sätze wie „Ich habe doch eine sehr nette Putzfrau . . . Das empfehle ich natürlich nicht“, betont Monika Stolle.

Bevollmächtigte können auch mehrere Personen sein, „aber dann sollte man deren Aufgaben klar aufteilen“. Sonst, weiß Ulrich Stewing, „gibt es Krach in der Familie“. Die vier Teams von der Rechtlichen Betreuung empfehlen: „Vorsorgevollmachten sollten nach Möglichkeit sehr umfangreich sein“, so Monika Stolla. „Deshalb sind wir strikt gegen vorgedruckte Formulare.“ Solche Vordrucke gibt es zwar auch in der Broschüre des Bundesjustizministeriums, die auch Ulrich Stewing als „wirklich klar und einfach formuliert“ lobt. Doch die ist erst der Anfang, wenn man sich dem Thema stellen will.

Detlev Ingendoh verschenkt mit dem 40-seitigen Heft gern Bleistifte: „Kritzeln Sie die Hefte voll“, lautet seine Aufforderung: mit allen Fragen, mit Merksätzen. „Mancher Stift kam schon stark verkürzt zurück.“ Der Beratungsbedarf steigt. Im Evangelischen Betreuungsverein des Kirchenkreises zählt Ingendoh „wöchentlich acht bis zehn Anrufe und drei Termine von ein bis zwei Stunden“.

„Normale Vollmachten“, sagt Ulrich Stewing, „kann man selbst ausstellen“. Sind größere Vermögensfragen zu regeln, empfiehlt er den Gang zum Notar., „Der ist zwingend notwendig, um die Geschäftsfähigkeit zu beurkunden.“ Doch eigentlich, so Stewing, „sind wir die Fachleute aus der Praxis. Wir arbeiten in der Rechtlichen Betreuung ja alle hauptamtlich.“ Für Notare sei die Vorsorgevollmacht „eher ein Randgeschäft“.