Unna. .
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr musste sich der heute 35-Jährige vor dem Jugendschöffengericht Unna wegen sexuellen Missbrauchs seiner zwölfjährigen Nichte erstmals verantworten. Er leugnete die die Tat, so dass die Kleine mit ihrer Aussage das Schreckliche noch einmal erleben musste. Er zweifelte an ihrer Glaubwürdigkeit und das Mädchen wurde ein weiteres Mal - nun beim Gutachter - mit den verächtlichen Übergriffen vom April des Jahres 2009 konfrontiert.
Seit jenem Sonntag, als die polnische Großfamilie dem Tode des Großvaters gedachte, sind Wiedersehen der Verwandten auch heute noch an der Tagesordnung - ob Geburts- und Todestage, Weihnachten oder Ostern.
Oder eben vor Gericht. Auf der Anklagebank der 35-Jährige, selbst Vater eines fünfjährigen Jungen und arbeitslos. Ihm gegenüber sein Schwager, der Vater der Zwölfjährigen, der die Verhandlung mit stoischer Ruhe als Nebenkläger neben seinem Anwalt verfolgt. Auf dem Flur die nervös wirkende Mutter des Opfers und Schwester des Angeklagten. Sie hat ihrem Bruder damals ihre kleine Nadja anvertraut.
Später, nach der Feier, ist seine Nichte mit ihrer kleinen Schwester in die Wohnung ihres Onkel gegangen. Dieses schüchterne Kind mit der Nickelbrille, zu dem er, wie er sagt, „ein normales Verhältnis“ habe. Tagtäglich mehrere SMS, hin und wieder im Chat. Zusammen habe man an diesem Nachmittag nach der Feier Fipsy, seinen kleinen Hund, waschen wollen. In der Badewanne, derweil die kleine Schwester nebenan ferngesehen habe. Den Film „Pinocchio“. Ausgerechnet.
Die Wahrheit soll das Jugendschöffengericht nun am nächsten Verhandlungstag in dieser Woche finden. Gehört wird das Gutachten über die Glaubwürdigkeit des Mädchens.