Kamen. .

Als Osman Akca Mitte der 60er Jahre zum ersten Mal mit dem Auto nach Deutschland fuhr, hatte er nicht vor, lang zu bleiben. Höchstens ein paar Jahre.

Damals hieß es in der Türkei, man solle nach Deutschland gehen – da gäbe es Arbeit, erzählt Osman Akca auf türkisch. Sein Sohn Mehmet übersetzt für die zum größten Teil deutschen Teilnehmer an der Gesprächsrunde zum Thema „Gerufen, Gekommen, Geblieben – Kulturwandel durch Zuwanderer“ in der DITIB-Moschee an der Grimmstraße. Wie war es damals, als die erste Generation der türkischen Gastarbeiter nach Deutschland kam?

Auf der Zeche gab es
keine Beschimpfungen

Gästeführerin Marlene Siekmann, die mit Mehmet Akca von der DITIB-Moschee die Runde leitete, weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig die Situation schon damals war. „Aus so vielen Gegenden sind Fremde hierher gekommen und wurden nicht immer freundlich behandelt“, erinnert sich die ehemalige Lehrerin.

Das musste auch Osman Akca erfahren. Er sei beschimpft worden, die Türken würden zu lang arbeiten und den Deutschen die Arbeit wegnehmen, berichtet der heute 72-Jährige, der nun als Rentner in Kamen lebt - nach vielen Jahren Arbeit auf der Zeche. Erst in Gelsenkirchen, später auf Monopol in Kamen, danach in Bergkamen. Allerdings, betont Akca, kamen die Beschimpfungen nie von seinen Kumpeln auf der Zeche, immer nur von außerhalb.

Auch Ali Kücük wurde alles andere als freundlich empfangen. Als 17-Jähriger kam er 1979 nach Deutschland, arbeitete zunächst auf der Zeche in Bochum und zog Mitte der 80er nach Kamen. Dort sei er zunächst ausgestoßen worden“, erinnert sich Kücük. Um seinen kleinen Garten hätten seine Nachbarn einen Stacheldrahtzaun gezogen, um ihn abzugrenzen. „Ich war immer freundlich“, erzählt Ali Kücük. „Das haben die Nachbarn irgendwann gemerkt und den Stacheldraht abgebaut,“ lacht der 48-Jährige.

Viele türkische Eltern fördern ihre Kinder

Dass es mit der interkulturellen Kommunikation zwischenzeitlich besser klappte, erlebte auch Marlene Siekmann. So wurde die Gaststätte Jansen ein beliebter Treffpunkt in Kamen für Türken und Deutsche. „Mutter Jansen war ein richtiges kulturelles Zentrum“, erzählt die Gästeführerin. Die Abschottung der Türken und die nachlassenden Kenntnisse der deutschen Sprache macht die Gästeführerin besonders daran fest, als die Satellitenschüssel Anfang der 90er Einzug auf vielen Dächern fand und das türkische Fernsehen auch nach Deutschland holte.

Mehmet Akca wuchs mit deutschem Fernsehen auf. „Ich kann mich noch erinnern, wie mein Vater mir immer vom Tatort und Schimanski erzählte“, berichtet der 36-Jährige. Dass sein Sohn Deutsch lernte und eine bessere Schulbildung bekommen sollte als er selbst, sei sein größtes Ziel gewesen. „Mein Vater war bemüht, zu allen Elternsprechtagen zu gehen“, erzählt Mehmet Akca. „Zu den Lehrern sagte er immer, sorgen Sie dafür, dass der Junge was lernt, zur Not hauen Sie ihm eins drüber“, lacht er heute. Er beteuert, Eltern junger türkisch-stämmiger Familien täten alles, damit die Kinder etwas lernen. Mehmet Akca, selbst Vater zweier schulpflichtiger Kinder fügt hinzu: „Die geben wirklich alles, die Eltern.“