Lüdenscheid. .
Transparenz muss sein, sind sich die Leiterinnen und Leiter von Lüdenscheider Pflegeeinrichtungen einig. Egal, ob im Johanneshaus am Oeneking, im Bonhoeffer-Zentrum an der Höh, bei AWO oder Caritas – um nur einige zu nennen: Hier können Angehörige jederzeit kommen und sich ein Bild von der Arbeit zu machen.
Die Pflegenoten, die der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) für die Häuser vergibt, sorgen mancherorts für Freude, an anderen Stellen empfinden die Mitarbeiter die Benotung als „Schlag ins Gesicht“, wie Caritas-Direktor Hans-Werner Wolff es ausdrückt. Einig ist man sich wieder an anderer Stelle: Mit der Wirklichkeit im Altenheim haben die Noten nichts zu tun.
„Der Transparenzbericht prüft die Papierform der Altenpflege“, zitiert Detlev Röhle (Bonhoeffer-Zentrum) Prof. Dr. Klie, den „Juristenpapst“ der Altenpflege. „Und Papier ist geduldig.“
Fragt man die Leiter, fallen Begriffe wie „lächerlich“, „hanebüchen“ und „wirklichkeitsfern“. Schön auf den Punkt bringt das zum Beispiel Kristin Aubert vom AWO-Heim an der Parkstraße: „Herzenswärme ist wichtiger als Ausstattung und Armaturen.“ Doch die persönliche Zuwendung und der respektvolle Umgang miteinander ist kein Prüfkriterium im MDK-Katalog, der, so die weitere Kritik, zwischen Schwarz und Weiß überhaupt keine Schattierungen kennt.
Abwertung für kleinere Schrift der Speisekarte
So geht man bei der AWO mit Demenzkranken spazieren. Ein abgesperrtes, sicheres Außengelände gibt es aber nicht. Das bringt ein glattes Mangelhaft. Im Bonhoeffer-Zentrum gab’s eine Abwertung für die Speisekarte: Den Ausdruck nur in 12- statt in 14-Punkt-Schriftgröße hält der MDK für inakzeptabel. Die Caritas in Lüdenscheid unterhält ein funktionierendes Beschwerdemanagement. Note 1. Das gleiche System im Plettenberger Haus liegt bei gerade noch befriedigend.
Eine pfiffige Einrichtung kann offenbar ohne Mühe zu besseren Noten in einer freiwilligen Nachprüfung gelangen. Röhle weiß von Häusern , die sich dafür auf die Dokumentation konzentriert haben und danach doppelt so gut abgeschnitten hätten. An der Qualität der Arbeit könne man in einem Zeitraum von sechs bis acht Wochen aber faktisch nichts grundlegend verändern. Es sei, „vorsichtig formuliert, dokumentationslastig“, sagt Wolff. Und „stimmt eine Dokumentation nicht, stimmt alles nicht“, weiß Marc Bock vom Johanneshaus am Oeneking. Das schlägt auf die Stimmung der Kollegen: „Die sind natürlich gefrustet. Die wissen doch, was sie leisten.“
Und was sie „nebenbei“ leisten: Fünf bis sechs Stunden erfordert die Erstanlegung einer „Doku-Mappe“, schätzt Simone Traber, Pflegedienstleiterin an der Weststraße, den Aufwand. Manche Kolleginnen „machen die Arbeit zu Hause, wenn der Mann Fußball guckt. Dann haben sie Ruhe“, weiß Röhle, der nicht einsehen will, dass Reparaturen an Rollatoren schriftlich niedergelegt werden müssen.
Dem MDK sei „ein schlecht gepflegter Bewohner mit sauberer Dokumentation lieber, als ein gut gepflegter mit lückenhafter Dokumentation“, gibt Caritas-Chef Wolff den Spott der Fachleute wieder. „Ob das zielführend ist, ist eher fragwürdig.“
Durchgängig auffällig für die Heimleiter: Egal, wie der MDK benotet, die Bewohner selbst halten im Regelfall ihr Heim für sehr gut bis gut.