Halver. .
Wer nicht drin ist, ist out: Ohne Profil bei SchülerVZ, Facebook, MSN oder wer-kennt-wen geht in Schule und Freizeit gar nichts mehr bei Jugendlichen. Dass das Preisgeben der Privatsphäre auch Gefahren bergen kann, zeigte jüngst eine vielgelobte TV-Dokumentation. Wie schützen sich die Jugendlichen im Halveraner Jugendzentrum vor krimineller Anmache? Die WR fragte dort nach.
„Nie die eigene Adresse veröffentlichen!“ Darin sind sich alle Jungs im Jugendzentrum einig. Selbst wenn der Chatpartner noch so nett, hübsch oder vertrauensselig sein mag – echte Freunde haben die Jugendlichen nur von Angesicht zu Angesicht.
Freundschaft per Mausklick
„Freundschaften“ sind in sozialen Netzwerken ruck zuck per Mausklick geschlossen. Tolgas Geschichte ist ein gutes Beispiel dafür: Der 14-Jährige ist erst seit September angemeldet, zählt aber schon 100 Freunde auf seiner Profilseite. Eine Mischung aus persönlich Bekannten und Fremden, die gleiche Interessen teilen. Tolga chattet gern mit ihnen, hatte aber schon Schwierigkeiten: Ein ihm persönlich nicht bekannter Junge drohte ihm im Netz Schläge an. „Der hat ‘ne Freundin in Halver und glaubte, ich wollte was von der...“
Tolga klickt auf das Profil des Jungen. Fotos zeigen ihn, wie er mit freiem Oberkörper vorm Spiegel mit der Handykamera posiert und den starken Mann markiert. „Voll lächerlich!“ stimmen die Freunde im Jugendzentrum zu. „Einfach ignorieren ist das beste!“
Oktay (11), Kerem (14) und Mohammed (12) sind dafür pfiffig und selbstbewusst genug. Verletzende und ausländerfeindliche Sprüche – es gibt sie zuhauf in den Plattformen – treffen die Jungs nicht zu hart.
„Mädchen reagieren oft ganz anders“, weiß Beate Kolb. Anderen Netz-Nutzern zu gefallen sei hier öfter Motivation. Fotos mit sexy Posen seien da öfter an der Tagesordnung. „Die Mädchen zeigen da oft so viel, dass ich als Mutter und Pädagogin sagen muss: Das geht gar nicht.“
Die Jugendzentrums-Mitarbeiterin spricht die Mädels darauf an und wird hellhörig, wenn Gespräche über unsittliche Online-Kommentare geführt werden. „Hier im Jugendzentrum geht das. Aber zu Hause können Eltern nicht ununterbrochen kontrollieren, was ihre Kinder im Netz machen.“
Aufklärung hält sie deshalb für wichtig. Richtig ernste Gespräche wurden im Jugendzentrum geführt, als dort ein Fall von Cyber-Mobbing bekannt wurde:
Cyber-Mobbing mit gefälschtem Profil
„Da haben einige Jungs ein gefälschtes Profil für einen anderen Jungen angelegt, den sie nicht leiden konnten und ihn damit übel beleidigt. So etwas darf nicht sein, auch wenn die Anonymität des Internets unheimlich verführerisch für solche Streiche ist.“
Nutzer wie Oktay, Tolga, Kerem und Mohammed schätzt die Pädagogin als recht vernünftig ein: „Die zeigen sich gern, checken Mädels ab und probieren sich und ihre Wirkung auf andere aus. So lange das in diesem Rahmen bleibt, ist Social Networking absolut in Ordnung.“
Von der kürzlich veröffentlichten TV-Dokumentation, die potenzielle Kinderschänder nach manipulierten Chats an den Pranger stellt, haben die Jugendlichen gehört, manche sie auch mit Interesse verfolgt. Ihr Tipp bei dubiosen Annäherungsversuchen: „Ignorieren, blocken, löschen!“ Ein paar von ihnen ist nach dem Gespräch kurzfristig die Lust auf Facebook und Co. vergangen. Sie gehen an die frische Luft und albern miteinander herum. Jenseits der Webcam macht es ihnen einfach mehr Spaß.