Duisburg..
Zwei Monate nach der Loveparade-Katastrophe läuft die erste zivilrechtliche Klage gegen Veranstalter Schaller und seine Firma. Das ist wohl erst der Anfang. Laut Polizei gibt es rund 500 Geschädigte, die Anspruch auf Schadensersatz haben könnten.
Zwei Monate nach der Loveparade-Katastrophe beginnt der Rechtsstreit gegen den Veranstalter. Am Donnerstag reichte der Berliner Rechtsanwalt Markus Goldbach die erste zivilrechtliche Klage gegen Rainer Schaller und dessen Firma Lopavent beim Duisburger Landgericht ein.
Goldbach fordert für seinen Mandanten Daniel G. Ersatz für die Schäden, die ihm körperlich und seelisch zugefügt wurden. Goldbach: „Seit Monaten hört mein Mandant, wie es heißt, Schuld haben immer die anderen. Mein Mandant will jetzt nicht nur seine Ansprüche durchsetzen. Er will auch erreichen, dass die Verantwortlichen endlich Farbe bekennen.“
Die Klage von Goldbach gegen Schaller und Co ist nur die erste ihrer Art. Eine wahre Flut von Klagen wird folgen. Allein Goldbach vertritt derzeit 15 Opfer. Und weitere von ihnen wollen klagen. Darüber hinaus bereitet die Düsseldorfer Kanzlei von Gerhart Baum weitere Prozesse vor.
Rund 500 Geschädigte
Nach Schätzungen der Polizei gibt es rund 500 Geschädigte, die Anspruch auf Schadensersatz haben können. Ein Großteil davon sind Leichtverletzte mit Forderungen von wenigen tausend Euro. Dazu kommen dutzende Schwerverletzte und Menschen mit dauerhaften Behinderungen. Sowie die Hinterbliebenen der 21 Toten. Johannes Fiala, Rechtsanwalt aus München und Lehrbeauftrager für Versicherungsrecht an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg schätzt grob, dass auf Schaller und dessen Firma Ansprüche in Höhe von 15 Millionen Euro zukommen. Viel Geld, wenn man bedenkt, dass die Haftpflichtversicherung von Schaller mit 7,5 Millionen Euro „von vornherein viel zu gering bemessen“ war, wie Fiala feststellt.
Rechtsanwalt Goldbach sagt, sein Mandant verlange im ersten Schritt eine Entschädigung von wenigstens 5500 Euro – für sich selbst und seine ebenfalls geschädigte Freundin. „Die Klage ist in unseren Augen sehr aussichtsreich, da eindeutig ein Verstoß des Veranstalters gegen seine Verkehrssicherungspflichten vorliegt.“ Nach Ansicht von Goldbach hatte nicht nur die Firma von Schaller die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Veranstaltung ordentlich abläuft, sondern auch er ganz persönlich. „Schaller war der Garant für die Einhaltung aller Pflichten des Veranstalters.“
Dies habe in einem vergleichbaren Fall auch das Oberlandesgericht Stuttgart zur persönlichen Haftung von Geschäftsführern so entschieden. „Wir sind diese Klage mit einem geringen Streitwert angegangen, da er ausreichend ist, um das Verfahren in Gang zu setzen. Die endgültige Höhe des Streitwertes bestimmt das Gericht.“
Anwalt fordert Unterstützung von Stadt und Innenministerium
Doch Geld ist nicht alles was Goldbach für seinen Mandanten fordert. Er will Aufklärung. Deswegen hat der Rechtsanwalt auch der Stadt Duisburg, dem Innenministerium NRW und dem Loveparade-Gutachter Michael Schreckenberg den Streit verkündet. Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein juristischer Kniff. Mit der Streitverkündung fordert Goldbach Stadt, Land und Schreckenberg auf, ihm im Prozess gegen Schaller und Lopavent zu helfen. Das bedeutet: Die Parteien müssen sich entscheiden. Enthalten sie sich und unterstützen damit indirekt Lopavent im Kampf gegen die Geschädigten oder unterstützen sie aktiv die Opfer der Loveparade in ihrem Streit gegen den Veranstalter? „Wir wollen endlich wissen, wer die Schuld hat“, sagt Goldbach.
Es sei ihm unverständlich, wie Schaller die Loveparade habe durchführen dürfen. So habe der Veranstalter schon die Übernahme der Loveparade als „Himmelfahrtskommando“ bezeichnet und gesagt, dass er „das Risiko liebe“. Die Folgen dieser Liebe seien nun die Toten und Verletzten der Loveparade.