Dorsten. .
Der kleine Band mit seinen 38 Seiten ist „der letzte Baustein“ im Kulturhauptstadt-Projekt „Angekommen ?!“ des Jüdischen Museums. So nennt Dr. Norbert Reichling den neuesten Beitrag der Ausstellungs-Autorin Dr. Svetlana Jebrak.
Für „Materialien und Vorschläge zur pädagogischen Arbeit“, so der Untertitel, braucht’s keine hohe Auflage und keine bunte Aufmachung. Als Layouter übte sich Ausstellungs-Gestalter Stephan Pegels in Zurückhaltung. Nur die Farbbilder der Einband-Rückseite zeigen jenes bunte Sammelsurium von sowjetischen Geldscheinen bis zur Erstausstattung mit Töpfen und Tassen, wie sie jüdische Neubürger aus den GUS-Staaten ihrer Interview-Partnerin überlassen hatten.
Svetlana Jebrak, die in Odessa aufgewachsene Düsseldorferin, wertet das in 500er Erstauflage gedruckte Büchlein „für Lehrer und andere Multiplikatoren“ als „einen sehr wichtigen Schritt“. Die inzwischen ans Bochumer Museum für Stadtgeschichte weiter gereiste Ausstellung „Angekommen?!“ mit ihren 24 biografischen Interviews lässt sich so vertiefen und ergänzen.
„Wir hätten den Band gerne schon in Dorsten eingesetzt“, sagt der Museumsleiter. An pädagogischen Vorschlägen zum Thema der jüdischen Zuwanderung seit dem Wendejahr 1990, so Dr. Reichling, „gab es bisher nichts“. Der aus dem Leo Baeck Programm für Schule und Fortbildung finanzierte Band nutzt als Quellen viele Auszüge aus den – jetzt thematisch geordneten – Interviews. Das Material sei aber auch unabhängig vom Ausstellungsbesuch einsetzbar. Svetlana Jebrak nennt eine ganze Reihe geeigneter Fächer „von Religion bis zu muttersprachlichem Unterricht“.
Das große Zuwanderungs-Thema, das die Historikerin dem Jüdischen Museum Westfalen erschlossen hat, ist längst kein abgeschlossenes Kapitel – obwohl die Zuwanderung aus Russland inzwischen nahezu versiegt ist. „Man kann noch nicht absehen“, meint Dr. Reichling, „wie sich jüdisches Leben hier weiter entwickelt“. Dr. Jebrak spricht von einer „Vertrauenskrise“, die gerade jüngere Zuwanderer in den bis dahin überalterten Gemeinden getroffen habe. „Einige haben auch ihr Vertrauen in die eigene Kraft verloren.“
Für die dezent gestaltete Wanderausstellung setzt der Museumsleiter auf einen allmählichen „Sicker-Effekt“, wenn sie peu a peu Volkshochschulen, kleinere Museen oder Sparkassen erreicht. Die Ausstellungs-Autorin denkt gleich größer: „Wir könnten ein Einwanderungs-Museum brauchen“, meint Dr. Jebrak – als Ergänzung zu den Auswanderer-Museen in Bremen und Hamburg.
Da sind die „Jüdischen Kulturtage NRW“ im April 2011 doch näherliegend, an denen sich das Jüdische Museum beteiligen wird. Dann gibt’s ein Wiedersehen mit der Künstlerin Anna Adam und der Kantorin Jalda Rebling, zwei Frauen aus zwei Generationen, die wissen, wie man Klischees kopfstehen lässt.