Kamen. .

Im Rathaus gibt es schon eine Arbeitsgruppe: 2011 kommt der Zensus, eine Volkszählung in Stichproben. Gegen die letzte „richtige“ Volkszählung 1987 hat sich der Kamener Helmut Illner bis zum Schluss gewehrt, zahlte am Ende 80 Mark, danach „haben die mich zufrieden gelassen“ – den überaus üppigen Fragebogen brauchte er nie auszufüllen. Illner, Inhaber einer Firma für den Einkauf von Elektroteilen und ehemals bei den Grünen aktiv, organisierte Veranstaltungen und verteilte Flugblätter gegen die Neugier von Vater Staat. Und heute? Heute nutzt er das, was das Internet zu bieten hat; Googles „Street View“ bereitet ihm keine Bauchschmerzen. Und doch mahnt er: Wachsam bleiben!

Der Boykott der Volkszählung vor 23 Jahren sei „eine Sache, zu der ich nach wie vor stehe“, sagt Illner. Statistikern und politisch Verantwortlichen sei es um den gläsernen Menschen gegangen, die Fragen hätten „teilweise in den sehr privaten Bereich“ gezielt. Hat es den Staat zu interessieren, wie oft ein Bürger ins Ausland reist oder wofür er sein Geld ausgibt? Illner fand (und findet): nein.

Und sollte es ein solch lebhaftes Interesse des Staates auch beim Zensus im kommenden Jahr geben, werde er es „wahrscheinlich“ wieder auf eine Konfrontation – womöglich eine kostenpflichtige – ankommen lassen. „Was die genau wollen, ist mir noch nicht so ganz klar.“

Illners Anliegen: Selbstbestimmung und Mündigkeit in Sachen Datenpreisgabe. „Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er öffentlich macht.“ Nicht seine Hausfassade bei Google, eher der neue Personalausweis bereitet dem Alt-Aktivisten Sorge, genauer: dessen Chipkarte. Die soll, natürlich, nur von befugter Stelle ausgelesen werden können – aber Illner ist skeptisch. Und er fände es gut, wenn die Leute sich genauer überlegten, wem sie eigentlich was von sich erzählen, etwa bei Facebook, StudiVZ und ähnlichen Netzen im Internet.

Beim Zensus 2011 allerdings gilt per Gesetz: Wer gefragt wird, hat zu antworten. Es wird aber nicht jeder gefragt, sondern nur etwa jeder Zehnte. Auf dieser Datengrundlage wird dann hochgerechnet. Die Stadt Kamen wird nach Auskunft von Sprecher Günter Heermann nicht selbst Erhebungsstelle sein – die wird vielmehr beim Kreis angesiedelt, räumlich und personell vom übrigen Verwaltungsbetrieb getrennt, des Datenschutzes wegen. Ob oder in welchem Umfang die Stadt Interviewer oder sonstiges Personal bereit stellen muss, ist unklar.

Handfeste Ergebnisse aus dem Zensus sollen in den Rathäusern nicht vor 2015 vorliegen. Ähnlich lang hätte die Auswertung der Zählung von 1987 wohl auch gedauert – aber wen kümmert’s, wenn drei Jahre später eine Wiedervereinigung samt 17 Millionen Neuzugängen dazwischen kommt.