Dorsten/Essen. .
Alkoholwerte um dreieinhalb Promille scheinen für die Angeklagte (32) nichts Ungewöhnliches gewesen zu sein. Sie wurden mehrfach bei ihr gemessen. Wegen Mordes muss sie sich vor dem Essener Schwurgericht verantworten.
„Nur“ 2,7 Promille hatte die 32-jährige Angeklagte in der Nacht des 13. Oktober vergangenen Jahres, als sie ihren Freund (38) in dessen Dorstener Wohnung mit der Scherbe einer Bierflasche am Hals tödlich verletzt haben soll. Dennoch, schuldunfähig sei die „schwerst suchtabhängige“ Frau nicht gewesen, stellte gestern, am fünften Prozesstag, Gutachter Dr. Michael Hintersdorf fest. Sie habe nach der Tat reagieren können, begründet er, billigt aber verminderte Steuerungsfähigkeit zu. Durch ihre Abhängigkeiten habe sie Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen entwickelt.
„Mit Alkohol bin ich groß geworden“, ist das traurige Fazit ihres Lebens. Bereits mit sechs Jahren sei sie in der polnischen Heimat an die Schnapsvorräte der ebenfalls dem Hochprozentigen zugewandten Eltern gegangen.
Neun Jahre war sie, als sie mit dem Vater und weiteren der insgesamt sieben Geschwister nach Gladbeck kam. Täglich habe sie ab dem neunten bis zum zwölften Lebensjahr zur Flasche gegriffen, so die Angeklagte. Dann kamen Marihuana, später Kokain, Heroin und Amphetamine dazu. Entgiftungen hat sie mehrfach hinter sich. Zur Therapie kam es nie, weil sie zum Antritt gar nicht, zu spät oder alkoholisiert erschien. Wie sie jetzt dazu stehe, vor allem wenn das Gericht ihr eine Zwangsbehandlung verordne, will Richter Andreas Labentz wissen. „Ja, ich brauche eine Therapie“, zeigt die Angeklagte Einsicht.
Aggressives Schlagen, Beißen und Kratzen unter Drogen und Alkohol stehen auch im Mittelpunkt ihrer sechs Vorstrafen. Um eine ebenfalls zuvor zerschmetterte Bierflasche ging es im Frühjahr 2008: Auf zwölf Auto-Motorhauben ritzte sie in Gladbeck mit einer Scherbe „ Ich liebe Dich.“