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Der neue Klinik-Führer des Initiativkreises Ruhr soll helfen, im Klinik-Dschungel den Durchblick zu behalten. Ärzte und Patienten wurden gefragt, welche Stärken und Schwächen die Krankenhäuser an Rhein und Ruhr aufweisen. Auskunftsfreudig waren sie dabei nicht gerade.

Wohin, wenn das Herz stolpert? Was tun, wenn einem das fette Würstchen auf den Magen geschlagen ist? Wenn das Knie dröhnt, die Gelenke quietschen?

Wer die passende Klinik zur Krankheit braucht, verfügt über ein altes Nachschlagewerk im neuen Gewand: der Klinik-Führer Rhein-Ruhr 2010/2011 ist ab heute auf dem Markt. 21 medizinische Fachrichtungen werden vorgestellt. Neu dabei ist die Rheumatologie und die Geriatrie (Altersmedizin).

Relativ wenig Rücklauf

Man hat sich Mühe gegeben. Viel Arbeit steckt in dem Buch, das einst mit der Bewertung von drei Fachgebieten begann. Mit 21 Abteilungen von Herz bis Niere sind die meisten Krankheiten nun abgedeckt. 80.000 Exemplare wurden bisher verkauft, über 2,5 Millionen griff man online zu.

Für die Neu-Auflage wurden 160 Kliniken angefragt. Aber nur 51 haben geantwortet. 6591 Fragebögen wurden an niedergelassene Ärzte verschickt. Aber nur 796 kamen gültig zurück. Man hätte sich schon etwas mehr Rücklauf gewünscht. Dennoch gilt das, was dort an Material zusammenkam, als beispielhaft, sagen die Experten. Vergleichbare Klinikführer suche man vergeblich.

Mancher jedoch, der die Tradition des Klinik-Führers Rhein-Ruhr kennt, weiß, dass er für die Lektüre schon auch gute Augen braucht. Ein Grafikversteh-Gen wäre auch nicht schlecht.

Bunte Balken ohne Zahlen

Um aus den erhobenen Daten exakt zu erfahren, welches Krankenhaus wieviel Prozent Zufriedenheit aus Patientensicht, aus Ärztesicht und aus Sicht der Qualitätsstatistik aufweist (ja, es ist kompliziert), muss den Finger über bunte Balken schieben. Diese sollen Klarheit geben, werfen aber hier und da Fragen auf. Vor allem, weil diese „Thermometer” keine Angaben enthalten. In der Online-Ausgabe geht’s besser: Da sind überall Zahlen dabei. Das Evangelische Krankenhaus Castrop Rauxel punktet beim „Behandlungserfolg“ (Allgemeine Chirurgie) mit 90 Prozent. Hernes Evangelisches kommt auf 84 Prozent. Da wird Leistung transparent.

Oder nehmen wir mal das, was den Krankenhaus-Aufenthalt oft unerträglicher macht als der Anblick des Skalpells: das Essen, das im Buch gar nicht genannt wird. Wittens Marien-Hospital klettert bei der Zufriedenheit auf 81 Prozent, das Evangelische Krankenhaus Duisburg-Nord bleibt bei 72 Prozent stehen. Wäre doch auch schön fürs Buch. „Zu viel Zahlen behindern den Lesefluss“, heißt es von der Pressestelle des Initiativkreises.

Kein klassisches Ranking

Doch um dem Klinik-Führer gerecht zu werden, muss man verstehen, wie er tickt. Ein Ranking, also eine Auflistung der Besten, ist dieses Werk nicht. Es gibt keine Tops und Flops. Extra nicht. Weil das eben nicht seriös sei. Lambros Kordelas, Berater des Initiativkreises, sagt: „Es geht uns nicht um eine Zauberformel. Es ist eben nur eine Entscheidungshilfe.” Alles sei „Augenwischerei”.

Das große Kapital des Klinik-Führers, geradezu das Herzstück, ist die Patientenbefragung. 51 548 Ex-Kranke wurden befragt, 27 785 antworteten. Danach wusste man, ob das Zimmer nett war, die Schwester freundlich und der Doktor einen so behandelte, dass man auch wieder auf die Beine kam. Kriterien mit Aussagekraft.

Viele Patienten befragt

Was man von so einer Bewertung wie „Patientenauslastung Pflege” nicht unbedingt sagen kann. Sind das Schwestern, die am Ende sind? Nein: volle, also belegte Betten. Wissenschaftler haben eine andere Sprache. Ja, man wirft den Machern bei der Vorstellung des Klinik-Führers im Essen Colosseum ein bisschen Sperrigkeit vor.

Also ist das der Moment, wo Herr Wübker ins Spiel kommt. Ansgar Wübker hat mit seinem Chef Prof. Dirk Sauerland an der Uni Witten Herdecke eine Studie über die Qualität des Klinikführers herausgebracht. Jetzt soll er etwas Gutes sagen. Und so erzählt Herr Wübker von fehl geschlagenen Ratgebern in den USA, die zu kompliziert waren. Im Vergleich dazu sei der Klinik-Führer praktisch.

Machen wir den Praxistest. Wir haben Hals- und Beinbruch und schlagen die „Allgemeine Chirurgie” auf. Neun Kliniken mit schwer deutbaren Balken sind zu sehen. Was ist denn nun gut, was schlecht? Es gibt ja den Grünen Qualitäts-Punkt! Wer jetzt ruft, dass ein grüner Punkt nichts aussagt, wenn es nirgends einen roten Punkt gibt, ist ein Nörgeler. Herr Kordelas windet sich, sagt dann etwa: Man könne doch froh sein, dass es nur Grünes gibt.