Duisburg.

Die Aufarbeitung der Loveparade-Katastrophe verursacht im Duisburger Rathaus immer größeren Wirbel. Nun soll ein PR-Mann die heftig kritisierte Stadtspitze bei der Krisenkommunikation unterstützen. Vor den Ermittlern türmen sich riesige Aktenberge auf.

Die Stadt Duisburg will sich nach Informationen dieser Zeitung von einem Medienberater in der Krisenkommunikation unterstützen lassen. Die massiv unter Druck geratene Stadtspitze um Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) will dabei auf die Dienste des Journalisten Karl-Heinz Steinkühler setzen. Der ehemalige NRW-Landeskorrespondent des Magazins Focus gilt als Journalist mit hervorragenden Kontakten in Politik- und Medienkreisen. Steinkühler betreibt inzwischen in Düsseldorf eine PR-Agentur, in der er unter anderem Politikern „Beratung in öffentlichkeitswirksamen Ausnahmesituationen“ anbietet.

Ein Sprecher der Stadt wollte auf Anfrage eine Zusammenarbeit der Stadt mit Steinkühler nicht bestätigen. Er verwies an die Düssel­dorfer An­waltskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Diese war jedoch für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Über die Kanzlei soll der PR-Berater engagiert worden sein. Heuking und Partner sind juristisch für Duisburg tätig. Die Kanzlei hatte nach dem Unglück eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin kamen die Juristen zu der vorläufigen Einschätzung, dass ein Fehlverhalten der Stadt nach derzeitigem Stand nicht festzustellen sei.

Im Rathaus rumort es weiter

Im Duisburger Rathaus rumort es weiter. Nun offenbart sich immer deutlicher, warum Duisburgs Planungsdezernent Jürgen Dressler (SPD) in der vergangenen Woche mit einem „Brandbrief”, in dem er eine ungeordnete Verwaltungsführung und eine fehlende Strategie zur Krisenbehebung anprangerte, einen Machtkampf im Rathaus angezettelt hatte: In der Woche vor der Loveparade waren Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) und sein Stellvertreter Peter Greulich (Grüne) gleichzeitig im Urlaub. Die Verantwortung der verwaisten Stadtspitze musste Dressler übernehmen. Greulich kehrte angesichts der Katastrophe allerdings nicht sofort zurück, er benötigte sechs Tage, um seinen Dienst wieder aufzunehmen. Noch länger abwesend blieb Kämmerer, Peter Langner, ebenfalls Mitglied im Verwaltungsvorstand: Erst am diesem Montag - mehr als zwei Wochen nach der Katastrophe - tauchte er wieder im Rathaus auf. In Kreisen der Verwaltung heißt es, er sei weder zu erreichen gewesen, noch habe er sich selbst gemeldet.

Die auf Hochdruck laufenden Ermittlungen der Duisburger Staatsanwaltschaft nehmen immer größere Ausmaße an. 220 Strafanzeigen sind mittlerweile eingegangen.

„Wir stehen vor einer Flut von Daten”, so der Kölner Polizeipräsident Klaus Steffenhagen. Über 50 Terabyte Daten haben Spezialisten bis jetzt sichergestellt. Allein das Überspielen der Daten der Stadt Duisburg, mit dem am 25. Juli begonnen wurde, dauerte bis zum vergangenen Wochenende. Hinzu kommen über 80 Aktenordner sichergestellte Planungs- und Durchführungsunterlagen sowie über 900 Stunden Videomaterial aus Überwachungskameras, Beweissicherungsmaterial der Polizei, Handyvideos, von Medien zur Verfügung gestelltes Material, Internetveröffentlichungen und umfangreiches Fotomaterial.

Mehr als 1000 Hinweise

Mehr als 1000 Hinweise aus Deutschland und dem Ausland sind eingegangen. Mehrere hundert Zeugen müssen vernommen werden. „Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die individuelle Wahrnehmung ein und desselben Sachverhalts sich zum Teil völlig unterschiedlich darstellt“, so der Leiter der Kölner Ermittlungsgruppe Stephan Becker die Vorgehensweise.

Der „Bürgerkreis Duisburg“ hat sich auf Details der geplanten Trauerstätte am Unglücksort der Loveparade geeinigt. Am 4. September soll eine Gedenktafel mit der Inschrift „Duisburg gedenkt der Opfer der Loveparade“ am Karl-Lehr-Tunnel angebracht werden. Die Bürger sind zudem aufgerufen, an diesem Tag bis 14 Uhr alle Trauergaben, Kerzen und Erinnerungszettel zur weiteren Aufbewahrung in einem Glaskubus zu sammeln. Nach einer Gedenkfeier soll die Sperrung des Duisburger Unglückstunnels dann aufgehoben werden.

Der Glaskubus wird im Innenhafen zwischen dem Kultur- und Stadthistorischen Museum und dem Garten der Erinnerung aufgestellt. Zudem ist spätestens bis zum ersten Jahrestag des Unglücks eine Stele für die 21 Opfer des 24. Juli geplant. Auch eine Gedenkstätte ist weiterhin im Gespräch.