Unna. .
Seine Kundschaft kommt aus ganz Deutschland, seltener auch mal aus Unna. „Meine Werkstatt ist hier noch ziemlich unbekannt“, erzählt Sebastian Wedel. Das mag daran liegen, dass anfangs nicht alles ganz rund lief: Vor einem Jahr kam der 34-jährige Geigenbauer aus familiären Gründen nach Unna und richtete hier seine Instrumentenwerkstatt ein. Die geplante Einweihungsfeier fiel dann aber aus. Wedel hatte sich bei einem Unfall den Fuß gebrochen, damit lief das Geschäft erst einmal nur sehr schleppend an. Bis heute fand er keine Zeit, die Werkstatt zu renovieren. Der circa 15 Quadratmeter kleine Raum wirkt noch sehr notdürftig eingerichtet. Überall türmen sich Kartons mit Instrumenten, mittendrin liegt ein kaputter Kontrabass und in den schlichten Regalen stehen Violinen und Bratschen. Behutsam nimmt der Geigenbauer eine Violine aus dem Regal heraus. Mit seinen gepflegten Händen streicht er fast zärtlich über das dunkelbraue Holz und lächelt. „Ich habe Freude an dieser Arbeit und sehe sie als große Herausforderung, besonders gerne nehme ich Reparaturen vor. Wenn ich dann höre, dass ich ein Instrument wieder zum Klingen gebracht habe, macht mich das glücklich.“ Zum täglichen Handwerk gehört es auch, die Instrumente spielfertig zu machen: Klangkörper, die zumeist aus Rumänien geliefert werden, versieht er mit maßgeschneiderten Stegen und Griffbrettern aus Ebenholz, spannt die Seiten auf und spielt die Instrumente ein.
„Ich verleihe den Celli, Bratschen und Violinen ihre Seele. Denn jedes Instrument ist einzigartig, das liebe ich an meinem Beruf.“ Wedel spricht mit einem leicht russischen Akzent, jedoch grammatikalisch korrekt. Mit 16 Jahren kam er als Spätaussiedler aus der kasachischsen Stadt Almata nach Deutschland. Obwohl er sich schon damals sehr für Streichinstrumente interessierte, schlug er zunächst einen ganz anderen Weg ein. Er entschied sich für eine Ausbildung zum Industriemechaniker und IT- Systemmann, später arbeitete er dann als Versicherungsfachmann. Dass Sebastian Wedel heute Geigen baut, ist eher ein Zufall. „ Vor zehn Jahren erfüllte ich mir meinen Kindheitstraum und lernte Cello spielen.“ Kurz darauf übernahm er die Leitung eines Kinderorchesters. Dadurch lernte er einen Professor kennen, der ihm beibrachte, wie man Streichinstrumente baut und einspielt. Nachdem er in Ruhestand gegangen war, hatte er Wedel seine Erfindung vermacht. Es handelt sich um einen Vibrationsentdämpfer. Damit wird den Geigen ein Klang verliehen, den sie normalerweise erst nach hundert Jahren Einsatz erhalten. „Das kann man mit Wein vergleichen, je älter er ist, desto besser schmeckt er und das gleiche gilt auch für Geigen“, erläutert Wedel. Diese Erfindung hat er dann weiter entwickelt und vermarktet. Sie half ihm auch bei seinem Berufseinstieg zum Geigenbauer.
Einen Nachteil hat sein Traumberuf allerdings: „In anderen Branchen könnte ich sicherlich mehr Geld verdienen“, sagt er. Seine Familie kann der junge Vater aber gut über die Runden bringen, erst im letzten Monat kam sein fünftes Kind zur Welt. „Ich liebe meinen Job und das, was ich erschaffe“, dabei schaut er schmunzelnd in Richtung des Regals, in dem die Instrumente stehen. So lange das Geschäft einigermaßen läuft, will er weiter Geigen bauen.