Bergkamen. .

Bergkamen ist multikulturell. Und das sogar in jederlei Hinsicht. Denn nicht nur die Bewohner stammen von überall her, auch Pflanzen und Tiere verschiedener Herkunft leben in der Bergbaustadt. Vorzugsweise allerdings auf der Bergehalde Großes Holz. Bei einem Rundgang können einige von ihnen aufgespürt werden.

Eine leichte Brise weht durch die üppige Krone eines jungen Baumes. Die grünen Blätter sind gefiedert. Ganz natürlich wirkt das Gewächs neben der alten Eiche. Dabei ist es keinesfalls heimisch in Bergkamen. „Das ist eine Robinie aus Nordamerika“, erklärt Dr. Thorsten Zegula vom Regionalverband Ruhrgebiet bei einem Haldenrundgang. In Deutschland sei die Robinie als Zierpflanze eingeführt worden. In die Natur gelangte das nordamerikanische Gewächs schließlich durch die Bergleute, die mit dieser Pflanze die Halde begrünten. „Die Robinie kommt mit dem Extremstandort gut klar“, berichtet der Biologe und Agrarwissenschaftler. Aber auch Imker hätten ihren Anteil an der Ausbreitung dieser Pflanzenart. Denn die langen, weißen Blüten der Robinie werden gerne von Bienen angeflogen.

Aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit der Akazie wird die Robinie auch Scheinakazie genannt. „Echte Akazien wachsen aber nicht bei uns“, erklärt Zegula. Deswegen sei es eigentlich falsch, von Akazienhonig zu sprechen. „In Ostdeutschland allerdings wurde die Namensänderung angenommen“, erzählt der Ornithologe. „Dort sprechen die Menschen vom Robinienhonig.“

Die Robinie ist nur ein Beispiel für pflanzliche Neubürger, Neophyten. Ausländische Pflanzen machen einen großen Teil der Bergehalden-Flora aus. „Von 100 Pflanzen können sich zehn etablieren und eine davon wird zum Problem“, berichtet Zegula. Ein gutes Beispiel dafür sei die Herkulesstaude. Ihr Milchsaft kann Verbrennungen zweiten Grades hervorrufen.

Aber auch die Tierwelt auf der Bergehalde ist sehr vielfältig. Wer ganz genau hinschaut, entdeckt Marienkäfer. Aber immer seltener bekommt man den heimischen Siebenpunkt-Marienkäfer zu Gesicht. Der wird nämlich langsam aber sicher vom Asiatischen Marienkäfer verdrängt. „Eingeführt wurde dieser als Nützling in Gewächshauskulturen“, erklärt Zegula. Dann sei der asiatische Marienkäfer, der aufgrund seiner Vielfarbigkeit auch Harlekin-Marienkäfer genannt wird, aber ausgebrochen. In der freien Natur erweise er sich nun als Problem: „Er ist robuster, aggressiver und kannibalistischer als unser heimischer Marienkäfer.“ Die biologische Schädlingsbekämpfung ist selbst zum Schädling geworden.

Wen größere, heimische Tiere mehr interessieren, sollte früh aufstehen. Rehe oder Kaninchen lassen sich gut in der Frühe beobachten. Wer viel Glück hat, der kann auch schon einmal einen Kibiz sichten. Und für Schmetterlingsliebhaber ist die Bergehalde sowieso ein kleines Paradies. So auch für Manfred Bußmann. Jeden zweiten Tag beobachtet der Bergkamener die „Gaukler der Lüfte“. Jetzt hat er sogar unter jenem Namen einen Bildband herausgebracht. „Den Resedafalter, der seit 1918 hier nicht mehr vorgekommen ist, habe ich nun wiederentdeckt“, erzählt der Hobby-Schmetterlingsexperte strahlend. „Genau so wie den Ulmenzipfelfalter, der rund 40 Jahre lang hier nicht mehr lebte.“

Der Regionalverband Ruhrgebiet bietet weiter Haldenrundgänge an: Samstag, 18. September, von 15 bis 17 Uhr. Wer die Flora und Fauna lieber alleine erkunden möchte, wird mit Hilfe von Schildern über die Bergehalde geleitet.

Info: Bergehalde „Großes Holz“

Die Spitze der Halde („Adener Höhe“ mit Aussichtsplattform) ist mit 150 m über NN Bergkamens höchster Punkt.

Nördlich und östlich der Adener Höhe schließt sich der blau bepflanzte und etwa drei km lange „Korridorpark“ an.

Der Nordwesten der Halde wird nach wie vor aus Bergwerken aufgefüllt, etwa bis Ende 2010.

Der Name Halde „Großes Holz“ kommt von dem Buchenwald, der vor der Anhäufung der Halde einst an dieser Stelle stand.