Lüdenscheid. .

„Achtet auf die Zunge!“, ruft Polizeibeamter Ulrich Schmitz. Die beiden jungen Männer schließen schnell den Mund, ihr Lächeln gefriert ein wenig. Sie greifen nach den Sicherheitsgurten, dann geht es los: Die Plattform, auf der die zwei Autositze montiert sind, rast die Rampe herunter und prallt unten auf. Die Köpfe der beiden Jungs werden nach vorne gerissen, Arme und Beine schlackern. „Das waren jetzt 11 km/h“, sagt Schmitz. „Und da verliert man schon die Kontrolle über den eigenen Körper.“ Echte Autos fahren meistens schneller.

Der Aufprallsimulator ist Teil der Verkehrserziehung, den der Märkische Kreis in Zusammenarbeit mit verschiedenen Experten einmal im Jahr an weiterführenden Schulen anbietet. Gestern fand die Veranstaltung am Berufskolleg für Technik statt. Dabei wurde jeder Bereich, der mit dem Thema zu tun hat, abgedeckt: Ein Opfer, ein TüV-Ingenieur und ein Unfallsachverständiger berichteten von ihren Erfahrungen.

Risikofreudige Fahrer, die es besser wissen

„Wir möchten die Schüler für die Gefahren im Straßenverkehr sensibilisieren“, sagt Andrea Crico vom Fachdienst Verkehrssicherheit. Gerade Fahranfänger im Alter von 18 bis 25 würden immer wieder mit einem riskanten Fahrverhalten auffallen. Und das, obwohl sie es eigentlich besser wissen.

Aber Theorie und Praxis liegen oft sehr weit auseinander. Wer kann sich schon vorstellen, wie sich ein Unfall anfühlt, wenn er nicht selbst einen erlebt hat? „Nee, Angst hatte ich eigentlich nicht“, meint Darius Walczak grinsend, als er von der Rampe runtersteigt. „War total lustig“, stimmt ihm auch sein „Beifahrer“ Yassine Akhabback zu. Als sie sich dann aber das Zeitlupen-Video ansehen, dass von ihrem Aufprall gedreht wurde, sind sie doch etwas überrascht über die Kräfte, die da auf sie wirkten.

Große Augen machen die Schüler später auch, als sie bei Drogenberater Martin Campulka mit sogenannten „Rauschbrillen“ ausgestattet werden. „Die für 0,8 Promille macht erstaunlicherweise die meisten Probleme“, erklärt Rechtsanwalt Jan Nesselrath, der diesen Teil der Veranstaltung zusammen mit Campulka gestaltet.

Man sieht bunte Spiralen, und zwar dreifach

Der optische Effekt der Rauschbrillen ist erstaunlich: Man sieht neonbunte Spiralen, und zwar dreifach. Der berühmt-berüchtigte Test mit der Linie auf dem Boden wird damit zur Stolperfalle. „Wir teilen die Brillen ganz am Anfang aus“, erklärt der Anwalt. „Dann wird erstmal gelacht und es ist richtig Stimmung im Laden.“ Die verfliegt aber schnell, wenn die Referenten schließlich die entscheidende Frage stellen: „Würdet ihr euch in dem Zustand hinters Steuer setzen?“ Zustimmen, so Nesselrath und Campulka, würde da keiner.

Nach diesem spielerischen Einstieg ist bei den Zuhörern der Boden geebnet für die Konsequenzen einer Alkohol-Fahrt. „Ihr seid gerade als junge Erwachsene danach finanziell ruiniert“, warnt Jan Nesselrath. „Es ist wirklich erschreckend, wie wenig Fahranfänger über die rechtlichen Folgen eines Unfalls bescheid wissen.“ Ganz zu schweigen von den psychischen Folgen.

„Wir hoffen, dass den Schülern etwas in Erinnerung bleibt“, sagt Andrea Crico. Manchmal wirken harte Zahlen und Nackenschmerzen eben mehr als gute Worte.