Ruhrgebietsautor Sigi Domke liest am Freitagabend im Alten Rathaus aus seinem Ruhrgebietsschwank "Freunde der italienischen Oper". Liebevolle Schilderungen der 60er Jahre garantieren Lacher im Publikum

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Dorsten. Essen-Karternberg Ende der 60er Jahre: Mondlandung, Freikörperkultur, Adorno und Woodstock machen vor Familie Kopleck keinen Halt. Als dann noch Gastarbeiter Rudolfo Zampini in die Koplecksche Sauna zieht, müssen sich die Ruhrpott-Bewohner den Herausforderungen der Gegenwart stellen.

"Freunde der italienischen Oper" heißt das Theaterstück aus der Feder von Ruhrgebiets-Autor Sigi Domke. Nach zwölf Jahren anhaltendem Bühnenerfolg im Theater "Freudenhaus" in Essen-Steele, entschloss sich Domke, das Theaterstück in ein Buch umzuschreiben. Am Freitagabend stellte er im Alten Rathaus Auszüge aus "Die Koplecks in: Freunde der italienischen Oper" vor.

Mit derben Pointen und in einem ungeschönten Ruhrpott-Slang entführten Domke und Inge Nagierski das Publikum in das kleinbürgerliche Leben zur Zeit des Gelsenkirchener Barock. Inge Nagierski spielt seit elf Jahren die Rolle der Mutter Kopleck in Essen und trug ihren Part mit Inbrunst vor. "Ich mach noch'n paar Schnittcken", säuselt sie als Agnes Kopleck ihren Lieblingssatz und verschwindet in der Küche.

Am Anfang ist die Welt bei den Koplecks noch in Ordnung: Vater Heinz verfolgt Schwarzfahrer in der Straßenbahn, "Omma" Klärchen zerfließt bei Heintje, Sohn Hans-Werner schraubt an seinem Auto und Mutter Agnes sorgt für Schnittckes mit "Kornet Beff". Bei Familie Kopleck wird der Wein mit einem Sieb vom Korken befreit und man ist davon überzeugt, dass ein deutscher Magen nur "Rippchen und Sauerkraut" verdauen kann.

Erst der Besuch von Gastarbeiter Rudolfo Zampini belehrt die weiblichen Koplecks eines Besseren: Gemeinsam mit "Omma" Klärchen schmettert Rudolfo Verdi-Arien und entdeckt seine Leidenschaft für "Kornet Beff". Nur Vater Heinz pflegt seine Voruteile und wettert: "Ihr Papagallos seid alle so: Komm'ste heut' nicht, komm'ste morgen. Deshalb wird aus euch da unten auch nix."

Der Ruhrgebietsschwank scheint auch in Prosa zu funktionieren. In liebevollen Schilderungen nimmt der Erzähler rückblickend das Leben in den 60ern auf's Korn. Sätze wie "damals galt es als eine quantitative Meisterleistung, zehn Singles hintereinander abspielen zu können" garantieren herzhafte Lacher im Publikum.

Als in der Pause dann Schnittchen mit "Kornet Beff" serviert werden, fühlt sich so manch einer in die pralle Ruhrpott-Idylle der Koplecks zurückversetzt: Damals stand "der Gammler" täglich in der Zeitung und "völlig ohne Körperspannung an jeder Ecke in der Nachbarschaft". Und für den Song "Pinball Wizard" hatte man nur den Kommentar übrig: "Die Huu? Soll man sich davor erschrecken?" jsa