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„Neues Miteinander statt prinzipiellem Gegeneinander” ist das Zeichen der Zeit. Das gilt für die Simultanität der Eigentümerfamilien, die neue Geschäftsführung und die Redaktionen.

Die Geschichte der WAZ-Mediengruppe mit ihren vielen Zeitungen, Magazinen, Anzeigenblättern, Radio-, TV- und Internetaktivitäten im In- und Ausland hat unendlich viele Facetten. Diese größte Regionalzeitungsgruppe in Europa ist längst ein internationaler Spieler von Rang. Je älter ein Unternehmen, desto reicher ist es an Traditionen, Geschichten und Strategien, die sich wie Jahresringe im Stammbaum wiederfinden. Unternehmen, auch das ist immer so, müssen sich der Zukunft und regelmäßig großen Anpassungsprozessen stellen.

Im Falle eines Medienhauses, das seine Wurzeln mit der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung” im Tageszeitungsgeschäft hat, stehen im Internet-Zeitalter große Aufgaben an; Aufgaben, die nur eine von Vertrauen getragene kooperative Führung Hand in Hand meistern kann: „Ein neues Miteinander statt prinzipiellem Gegeneinander” – dies betonen Stephan Holthoff-Pförtner, Bevollmächtigter der Funke-Familiengesellschaft, und Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe und Geschäftsführer der Brost-Holding.

"Nur wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen können unabhängige Zeitungen garantieren" (Klaus Schubries)

Beide wissen um den enormen Wert, den eine solche „gemeinsam praktizierte Verantwortung” (Holthoff-Pförtner) hervorbringt. Gemeinsamkeit und Kooperation in Zeiten der Zeitungskrise, die es dem Qualitätsjournalismus nicht gerade leicht macht, seien als Führungsprinzipien nicht hoch genug einzuschätzen. Auf dieses Prinzip hat seit langem der Gesellschaftervertreter Klaus Schubries (Funke-Familie) gedrängt, dem die Prinzipien moderner Unternehmensführung auch auf Grund fachlicher Ausbildung für das Bestehen in der Zukunft unverzichtbar sind. „Nur wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen können unabhängige Zeitungen garantieren.”

Bodo Hombach (l.) und Stephan Holthoff-Pförtner. (Bild: WAZ / Matthias Graben)
Bodo Hombach (l.) und Stephan Holthoff-Pförtner. (Bild: WAZ / Matthias Graben) © WAZ

Die Zeitungsgruppe in NRW umfasst vier wichtige Titel, „die lange ohne steuernde Gemeinsamkeit fast von allein liefen”. Vom Wachstumserfolg der Nachkriegszeit verwöhnt, sei die Gruppe recht zufällig gewachsen – „jetzt müssen in NRW neue wirtschaftliche Strukturen und Abläufe die Qualitätsverbesserung im Interesse der Leser absichern und gleichzeitig die Kosten unter Kontrolle bringen”. Die Chance der Gruppe, betonen Holthoff-Pförtner und Hombach, „liegt in ihren vielfältigen Synergiemöglichkeiten”. Hombach spricht von einem „chancenreichen, aber notwendigen Anpassungsprozess und einer kooperativen Neuaufstellung” der WAZ-Gruppe, die sich schon jetzt in einer großen Zahl von Weichenstellungen andeute.

Da ist etwa der Aufbau einer neuen, modernen Führungsstruktur: das Board, das zügige Bewertungsprozesse sicherstellt und gemeinsame Strategien entwickelt und der Geschäftsführung Entscheidungsvorschläge macht. „Wir brauchen kleine schnelle Einheiten, keine Armada”, so Holthoff-Pförtner. Christian Nienhaus, der derzeit für die „Bild”-Zeitungsgruppe bei Springer verantwortlich zeichnet, wird demnächst gemeinsam mit Hombach als Geschäftsführer die WAZ-Gruppe steuern. Letzter freut sich schon darauf, weil er seit dem Tode von Erich Schumann vor über einem Jahr als Geschäftsführer allein tätig ist. Hombach steht nach wie vor für den Familienstamm Brost, Nienhaus kommt für den Familienstamm Funke – damit leiten wie ganz früher zwei Geschäftsführer die Gruppe und nicht wie zuletzt vier an der Zahl.

"Jetzt müssen in NRW neue wirtschaftliche Strukturen und Abläufe die Qualitätsverbesserung im Interesse der Leser absichern und gleichzeitig die Kosten unter Kontrolle bringen" (Stephan Holthoff-Pförtner und Bodo Hombach)

Die Simultanität der beiden Familienstämme, die Kern der Tradition in der Gruppe ist, wurde von Holthoff-Pförtner und Hombach in der Zwischenzeit zum entscheidungsfreudigen Erfolgsmodell entwickelt, wie eine Vielzahl von Fakten belegt: vier Chefredakteure einvernehmlich neu bestellt, Chefredakteurin Online bestellt, Eröffnung Online-Portal „DerWesten.de”, Geschäftsleitungsebene mit exzellenten Fachleuten besetzt, Eröffnung des Brüsseler Büros für sämtliche Titel der WAZ-Gruppe, Einrichtung des Wiener Büros zur Verbesserung der Koordination in Osteuropa, Kauf der „Braunschweiger Zeitung” sowie von Titeln und TV-Stationen in Osteuropa, Kauf der Zeitschrift „Frau im Spiegel”, des Klartextverlages, Relaunch der WAZ, Einführung der Mediathek, Kooperation mit dem WDR, Einführung des WAZ-Verhaltenskodexes, Erschließung neuer Märkte im Ausland, Zusammenlegung der Lokalredaktionen in Dortmund sowie in Recklinghausen, Ergebnisverbesserungsprogramm NRW und Marketing-Offensive et cetera, et cetera.

Journalisten sind nicht käuflich. Die Unterzeichner des Verhaltenskodex' am 2. Mai 2007, sitzend, v.l.: Online-Chefredakteurin Katharina Borchert, die WAZ-Verlegerinnen Anneliese Brost, Gisela Holthoff und Renate Schubries. Stehend, v.l.: Sigrid Krause (Betriebsrat WAZ), Ulrich Lutz (Chefredakteur Saale-Zeitung), Daniela Röllinger (Chefredakteurin Die Kitzinger), Paul-Josef Raue (Chefredakteur Braunschweiger Zeitung), Manfred Kraemer (Anzeigenleiter), Knut Pries (Büroleiter Brüssel), Richard Kiessler (Chefredakteur NRZ), Christoph Meinerz (Sprecherausschuss Leitende Angestellte), Ulrich Reitz (Chefredakteur WAZ), Klaus Schrotthofer (Chefredakteur WR), Wilfried Goosmann (Zeitungsgruppe Thüringen), Bodo Hombach (Geschäftsführer WAZ Mediengruppe), Sergej Lochthofen (Chefredakteur Thüringer Allgemeine), Stephan Holthoff-Pförtner (Bevollmächtigter der Funke-Familien-Gesellschaft), Ullrich Erzigkeit (Chefredakteur Ostthüringer Zeitung), Malte Hinz (Betriebsrat WR), Bodo Zapp (Chefredakteur WP), Peter Imberg (Zeitungsverlag Braunschweig), Volker Dörken (Betriebsrat WP), Markus Peters (Betriebsrat NRZ), Hans Hoffmeister (Chefredakteur Thüringische Landeszeitung). (Bild: Uta Rademacher)
Journalisten sind nicht käuflich. Die Unterzeichner des Verhaltenskodex' am 2. Mai 2007, sitzend, v.l.: Online-Chefredakteurin Katharina Borchert, die WAZ-Verlegerinnen Anneliese Brost, Gisela Holthoff und Renate Schubries. Stehend, v.l.: Sigrid Krause (Betriebsrat WAZ), Ulrich Lutz (Chefredakteur Saale-Zeitung), Daniela Röllinger (Chefredakteurin Die Kitzinger), Paul-Josef Raue (Chefredakteur Braunschweiger Zeitung), Manfred Kraemer (Anzeigenleiter), Knut Pries (Büroleiter Brüssel), Richard Kiessler (Chefredakteur NRZ), Christoph Meinerz (Sprecherausschuss Leitende Angestellte), Ulrich Reitz (Chefredakteur WAZ), Klaus Schrotthofer (Chefredakteur WR), Wilfried Goosmann (Zeitungsgruppe Thüringen), Bodo Hombach (Geschäftsführer WAZ Mediengruppe), Sergej Lochthofen (Chefredakteur Thüringer Allgemeine), Stephan Holthoff-Pförtner (Bevollmächtigter der Funke-Familien-Gesellschaft), Ullrich Erzigkeit (Chefredakteur Ostthüringer Zeitung), Malte Hinz (Betriebsrat WR), Bodo Zapp (Chefredakteur WP), Peter Imberg (Zeitungsverlag Braunschweig), Volker Dörken (Betriebsrat WP), Markus Peters (Betriebsrat NRZ), Hans Hoffmeister (Chefredakteur Thüringische Landeszeitung). (Bild: Uta Rademacher) © WAZ

Die Strategie der Gruppe ist vielseitig: „Tradition bewahren und den Markt verteidigen”, lautet die Maßgabe für das Inlandsgeschäft, das mit der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung” seinen Anfang nahm und das heute allein in Nordrhein-Westfalen die weiteren Titel „Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung” (NRZ), „Westfalenpost” (WP), „Westfälische Rundschau” (WR) und – mit Einschränkung – „Iserlohner Kreisanzeiger” (IKZ) umfasst.

Aus Niedersachsen kam jüngst die „Braunschweiger Zeitung” hinzu, die Stephan Holthoff-Pförtner als „außergewöhnlich spannenden Titel” bezeichnet. Wachstum ist also auch in Deutschland nicht ausgeschlossen. In Thüringen ist die Gruppe ohnehin seit der Wiedervereinigung stark vertreten.

"Die Titel in NRW unterliegen einer Gesamtstrategie, nicht im Sinne von Gleichmacherei, sondern von Pluralität. Das ist Strategie aus Überzeugung" (Stephan Holthoff-Pförtner)

Wenn Bodo Hombach von „bewahren” spricht, ist das allerdings alles andere als passiv gemeint. „Wir werden unsere Märkte in Deutschland in allen Bereichen nachhaltig verteidigen – ob Internet, Radio, Fernsehen oder Zeitungen.” Bei der Verbreitung von regionalem und lokalem „Qualitätsjournalismus gehen wir reife technologische Fortentwicklungen und Innovationen mit, da lassen wir niemanden an uns vorbei”, sagt der Geschäftsführer. Auch hier sehen Stephan Holthoff-Pförtner und Bodo Hombach die Fortschritte „nicht in interner Konkurrenz, sondern in vertrauensvoller Kooperation, um der äußeren Konkurrenz gewachsen zu sein”.

„Wir müssen unsere besondere Stärke in einer schwierigen ökonomischen Situation erkennen und ausspielen”, sagt Hombach mit Blick auf die Titel in Nordrhein-Westfalen, „nicht nur um des Sparens willen, sondern um die Qualität zu steigern”. Gemeinsamkeit, Kooperation, Zusammenarbeit – auch hier, sagt Bodo Hombach, sei ein Paradigmenwechsel eingeläutet. „Die Titel in NRW unterliegen einer Gesamtstrategie”, ergänzt Stephan Holthoff-Pförtner – „nicht im Sinne von Gleichmacherei, sondern von Pluralität. Das ist Strategie aus Überzeugung.”

"Qualitätsjournalismus muss einen echten Mehrwert bieten, weit über nackte Nachrichten hinaus" (Bodo Hombach)

Was aber ist Qualitätsjournalismus? „Er muss einen echten Mehrwert bieten, weit über nackte Nachrichten hinaus”, sagt Bodo Hombach. Er müsse unabhängig und kritisch sein, Analysen und Hintergrund bieten, Bedeutung für das Leben der Menschen in der Region haben.

Wie wichtig dem Medienhaus unabhängiger Journalismus sei, zeige sich an dem Verhaltenskodex, den sich die Gruppe gegeben habe und der die Unabhängigkeit der Redaktionen absichere (das Foto ganz oben rechts zeigt die feierliche Unterzeichnung des Ehrenkodexes durch die Verlegerin Anneliese Brost sowie die Verlegerinnen der Funke-Seite, die Töchter des WAZ-Mitgründers Jakob Funke, Gisela Holthoff und Renate Schubries; nicht abgebildet ist hier Petra Grotkamp).

Das moderne Erscheinungsbild der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung”, der ambitionierte und kritische Qualitätsjournalismus sowie die mehr und mehr unverwechselbaren Themen, getragen von Korrespondenten, Reportern und Rechercheuren, begleiteten die Erneuerung der WAZ-Gruppe auf kongeniale Art und Weise. „Das wird zwischenzeitlich breit anerkannt, auch von denen, die sich ansonsten nicht leicht tun, Gutes aus dem Ruhrgebiet zu akzeptieren”, so Bodo Hombach und Stephan Holthoff-Pförtner.

Beide wissen um die publizistische Verantwortung, und das nicht allein in Deutschland. „Einen unabhängigen verantwortungsvollen Journalismus auch in komplizierte Länder zu tragen”, ist ein weiterer Eckpfeiler der Unternehmensstrategie.

Die Medien-Gruppe wächst stark im Ausland, in Osteuropa, Russland, aber auch in Asien. Das Unternehmen vermarktet dort sein Wissen und Können in Drucktechniken, Verteilung von Zeitungen, Redaktionssystemen und vor allem das Wissen um die Bedeutung eines unabhängigen verantwortungsvollen Journalismus für die demokratische Entwicklung.

„Unsere Partner im Ausland sind froh darüber, dass wir niemals Medien zur Verbreitung eigener Interessen oder bestimmter Haltungen missbrauchen”, sagt Hombach. Das sei in den früher kommunistischen Ländern keineswegs selbstverständlich. Mit dem renommierten internationalen Journalistenverband IFJ hat die WAZ-Gruppe als erstes Medienhaus verbindliche Verträge über Qualität und Unabhängigkeit geschlossen.

Die WAZ-Gruppe nehme die Herausforderung als Garant von Pressefreiheit an: im Ausland, aber auch in Deutschland. Das ist Tradition seit 60 Jahren.