Serravalle. .

Vielleicht hat Serge Gnabry davon erzählt, wie er sich einmal entscheiden musste: Fußball oder Leichtathletik? Früher, als Kind, war er noch Sprinter und verlor nie ein Rennen. Er wurde dennoch Fußballer. Das darf heute als gute Entscheidung gelten, und ohne gute Entscheidungen hätte Gnabry nun gar nicht erst sprechen dürfen – vor dieser prominenten Zuhörerschaft. Bei der deutschen Nationalelf ist es Sitte, dass einer in der Nacht nach seinem Debüt als Einstandsritual eine Rede hält. Er kann auch singen, aber die meisten Neulinge finden das peinlicher.

Was Gnabry wirklich sagte, wollten sie beim DFB am Samstag partout nicht verraten. Aber Bundestrainer Joachim Löw hatte schon Freitagnacht geahnt, dass „besondere Anforderungen“ auf Gnabry zukommen würden. Es war ja kein gewöhnliches Debüt, das der 21 Jahre alte Flügelspieler von Werder Bremen beim 8:0 gegen San Marino im WM-Qualifikationsspiel abgeliefert hatte.

„Beim Debüt drei Tore zu schießen, das hätte ich mich heute Morgen nicht zu träumen getraut. Das war ein super Einstand“, sagte Gnabry. Aber Eigenlob wurde dieser neuen Profi-Generation nahezu aberzogen, sodass er ergänzte: „Das war mein erstes Spiel gegen einen Gegner, der nicht Italien ist. Daher denke ich, dass man jetzt nicht zu viel daraus machen sollte.“ Das Lob übernahmen andere: „Es war ein Klassedebüt“, sagte Thomas Müller. Und Mats Hummels fand: „Mit seiner enormen Spielfreude hat er uns gut getan.“

Vielleicht hat Serge Gnabry in seiner Rede vor der Mannschaft aber auch davon gesprochen, welch seltsame Bahnen der Fußball manchmal zieht. Wie seine Karriere im Sommer zu versanden drohte, er dann jedoch eine weitere gute Entscheidung traf.

Arsenal oder Olympia?

Saisonvorbereitung beim FC Arsenal? Dorthin war er mit 16 gewechselt, galt als „German Wunderkind“, machte bis 2015 aber nur zehn Spiele in der Premier League und wurde nach einer Leihe zu West Bromwich nur in der U21 eingesetzt. Arsenal also, oder Olympia mit der deutschen U23? Es wurde Olympia. „Das war für mich ausschlaggebend, dass es überhaupt so weit gekommen ist. Davor war es schwer. Ich hatte keine Spielzeit. Jetzt ist das anders“, sagte Gnabry.

Im August in Rio wurde der in Stuttgart geborene Sohn eines Ivorers und einer Schwäbin mit sechs Treffern Torschützenkönig und Silbermedaillen-Gewinner. Die halbe Bundesliga wollte ihn verpflichten. Er ging zu Werder, der FC Bayern soll sich eine Kaufoption gesichert haben. Im Werder-Durchschnitt ragt Gnabry heraus, erzielte gegen Gladbach das Tor des Monats September. Seine Art dürfte im Bundestrainer die Ahnung reifen lassen, zwei seiner wenigen Probleme bei der Nationalelf lösen zu können: das bisweilen große Geeier vor dem Tor und der Mangel an Eins-gegen-Eins-Spielern. „Für die Entwicklung und das Selbstbewusstsein von Gnabry war es klasse“, sagte Löw über dessen Debüt.

Finger weg von den Naschereien

Zu jeder Aufstiegsgeschichte gehört auch mindestens ein Wendepunkt: Bei Gnabry waren es Werder, Olympia und eine dritte gute Entscheidung. Sein Berater Hannes Winzer hat ihm zuvor einen Athletiktrainer zur Seite gestellt. Schnell war er ja schon als Kind, nun aber habe er seine Einstellung zum Beruf überdacht und verzichte öfter auf Naschereien. Hat man ihn bei Arsenal verkannt, wurde Gnabry gefragt? Er antwortete mit „nein“, sagte aber eindeutig ja: „Ich weiß, was ich kann, wenn mein Körper mitmacht und ich meine Spielzeiten bekomme. Das ist jetzt das Ergebnis.“ Für Löw ein gutes.