Duisburg. . Im Stahlwerk im Duisburger Norden wird an gleich vier Hochöfen rund um die Uhr malocht. 33 000 Tonnen Stahl werden täglich produziert und 20 NRZ-Leser schauten sich das mal aus der Nähe an.
360 Tonnen baumeln am Haken – 20 Meter über dem Boden. Und 20 Augenpaare schauen gebannt in die Höhe und folgen dem metallernen Koloss auf seinem Weg. Es quietscht, es knarzt, es donnert und es wird warm. 1500 Grad heißes, flüssiges Roheisen hat der Kranführer im Duisburger Oxygenstahlwerk auf die massiven Haken genommen, bereit, sie in einem wahren Industriespektakel in einen der riesigen Konverter-Behälter einzufüllen – 20 staunenden NRZ-Leser, die diesen beeindruckenden Besuch im Rahmen unserer Geburtstagsaktion gewonnen hatten, blicken fasziniert zu. Ein glühender Schwall ergießt sich aus dem überdimensionalen eisernen Eimer in den gigantischen Auffangbehälter. Unter Zugabe von Sauerstoff wird der Kohlenstoffgehalt gesenkt – aus Roheisen wird Stahl. 248 brennende Tonnen später ist Konverter Nummer drei voll und die Besucher restlos begeistert.
Seit 1891 ist das Stahlwerk, das heute Thyssen-Krupp gehört, fest mit der Duisburger Stadtgeschichte verbunden. Wer auf der A 42 zwischen Rheinbrücke und dem Kreuz Duisburg-Nord unterwegs ist, sieht nur eines: Schlote und Industriegebäude. Alle gehören sie zu diesem gigantischen Stahlwerk. Fast neun Quadratkilometer Grund umfasst das Werk. „Monaco packen wir hier ganz locker auf das Gelände“, erklärt Arno Löbach, der gemeinsam mit seinen Kolleginnen Astrid Hochrebe, Denise Glaser und Sarah Kersting die NRZ-Leser durch das Werk führt.
Mit der NRZ im Stahlwerk
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Gigantisch ist das Motto für den Tag. Denn riesig und beeindruckend ist hier in Europas größtem Stahlwerk einfach alles: 33 000 Tonnen Stahl werden pro Tag produziert, 350 Kilometer Eisenbahnschienen laufen ebenso über das Werksgelände wie 70 Kilometer Straßen. 12 800 Mitarbeiter sorgen für die großen Produktionsmengen. Fast 850 Auszubildende starten hier in ihr Berufsleben, so dass zum Werk auch ein eigenes riesiges Ausbildungszentrum gehört, ebenso wie eine werkseigene Kindertagesstätte.
Obwohl die Tour der NRZ-Leser rund dreieinhalb Stunden dauert, gibt es nur einen kleinen Teil des Werkes zu sehen. „Auch bei einer mehrstündigen Besichtigung können wir nur an der Oberfläche kratzen. So viel gäbe es hier zu sehen“, sagt Löbach. Und damit trotzdem möglichst viel zu sehen ist, geht es mit dem Bus kreuz und quer durch die rund neun Quadratkilometer.
Von Beeckerwerth zum eigenen Rheinhafen nach Schwelgern, wo das Werk seine riesigen Rohstoffmengen in Empfang nimmt. Auf Förderbändern laufen die Erze zu gigantischen Lagerhalden und werden natürlich vom eigenen Labor genau unter die Lupe genommen. „Wir prüfen die Rohstoffe auf ihren Eisenanteil, denn der ist maßgeblich für den Preis. Im Zweifel wird nachverhandelt“, erklärt Denise Glaser.
Es geht vorbei an der Kokerei und den massiven Hochöfen. „Normalerweise hat ein Stahlwerk einen Großhochofen und einen kleineren. Wir haben vier“, sagt Glaser mit einem Hauch Stolz in der Stimme. Der Hochofen mit der Ordnungsnummer 8 ist das Ziel der „Busreise“. Dunkelrot ist er von außen, glühend gelb ist, was im Innern fast 2000 Grad heiß fließt. Vom Leitstand aus beobachten die Mitarbeiter jedes Detail im Innern des technischen Wunderwerks ganz genau. Etliche Sonden sorgen dafür, dass nichts im Verborgenen bleibt. „Bis das Material von oben durch den Ofen gewandert ist, dauert es sechs bis acht Stunden“, erklärt Glaser. Über etliche Bildschirme können die Mitarbeiter computergesteuert sofort auf die Produktion eingreifen.
Die Eisenbahnhat immer Vorfahrt
Unten, direkt am Ofen, geht es weit weniger digitalisiert zu, auch wenn die silbern glitzernden Schutzanzüge der Stahlkocher fast so etwas wie Raumschiff-Atmosphäre verbreiten. Durch die offenen Luken sehen die Besucher den brennenden Fluss aus Roheisen, der sich wie ein Lava-Strom seinen Weg in die Auffangbehälter bahnt. Hunderte Tonnen glühendes Roheisen werden hier gesammelt, ehe es in riesigen Eisenbahnwaggons zur Weiterverarbeitung in andere Ecken des Werkes transportiert wird. „Deshalb haben hier bei uns die Eisenbahnen immer Vorfahrt. Die Bremswege wären bei den enormen Lasten viel zu lang“, erklärt Astrid Hochrebe den NRZ-Lesern.
„So nah dran zu kommen und zu erleben, wie riesengroß ein solcher Betrieb ist, war einmalig“, sagt NRZ-Leser Klaus Vohwinkel aus Mülheim, dessen Vater selbst einmal im Oxygenstahlwerk gearbeitet hat. Für Udo Schwamborn aus Essen ist der Besuch in Duisburg fast so etwas wie ein Besuch bei Kumpeln, denn jahrelang arbeitete er unter Tage, war Maschinist auf Zeche Zollverein und später bei der Grubenwehr, die er heute als Tattoo auf der Haut trägt: „Viele Begriffe, die hier benutzt werden kenne ich natürlich. Denn die Stahlkocher und Bergleute sind ja beruflich sehr nah beieinander. Es war wirklich beeindruckend, dass alles hier erleben zu können. Einfach ein gigantischer Betrieb.“
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