Essen. Während der Benzinpreis weiter in die Höhe klettert, tauschten die Gäste bei Günther Jauch altbekannte Standpunkte zur Preistreiberei und wenig überraschende Lösungsansätze aus. Die einzige neue Erkenntnis in der Diskussion um das Spritpreiselend entpuppte sich als Aprilscherz.

1,70 Euro pro Liter Benzin – diese Zahl erzürnt die Autofahrer und hat wieder einmal die politische Debatte erreicht. Gleich zwei Gründe also machen das Thema „Die große Benzin Abzocke – Wer stoppt die Sprit-Preistreiber“ Talk-Show-tauglich und versprechen gute Quoten. Neue Erkenntnisse, wie sich der Spritpreisspirale entkommen lässt, oder überraschende Standpunkte kamen in Günther Jauchs Talk im Ersten am Sonntagabend allerdings nicht zur Sprache. Die Gäste präsentierten erwartbare Antworten und wenig überraschende Standpunkte zu einem Problem, von dem vor allem eines sicher ist: Schlimmer wird’s immer.

Den Auftakt machten die Gelackmeierten: Neben Pendlern und Spediteuren leidet wohl am meisten die Taxibranche unter den horrenden Spritpreisen. Exemplarisch durften die „Taxifahrer aus Leidenschaft“ Karl-Heinz Gehlsdorf aus Köln und sein Kollege Thiendou Cissé aus München darüber klagen, dass Einnahmen direkt in den Tank wandern.  „Das Geschäft wird immer schwieriger,“ so Gehlsdorf. Nur wer keinen Unfall baue, ein intaktes Auto habe und nicht krank werde, könne überleben.

Bunte Runde bei Jauch garantiert Streitgespräch

Das Elend der Taxifahrer, denen sich Autofahrer in diesen Tagen näher fühlen, als je zuvor, lieferte den Ausgangspunkt für die Schuld- und Was-tun-Frage, die Günther Jauch nun an die Runde gab. Die war bunt genug, um sicher zu gehen, dass hier Talkshow-gemäß gestritten werden würde.

 Grünenpolitikerin Bärbel Höhn und FDP-Generalsekretär Patrick Döring waren gekommen, um zwei unterschiedliche politische Standpunkte zum Umgang mit dem hohen Spritpreis zu diskutieren. Branchenkenner und Berater von Tankstellenbetreibern Achim Hirsch war da, um deutlich zu machen, dass diejenigen, aus deren Zapfsäulen das schwarze Gold fließt, nicht die Bösen sind.

Auch Klaus Picard war aus diesem Grund gekommen. Nur glaubte das Publikum dem Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes kein Wort von seinem Versuch, Milliardengewinne klein zu reden. Ranga Yogeshwar, WDR-Alleswisser und Wissenschaftsjournalist, war da, um Dinge verständlich zu machen. Warum allerdings Niki Lauda, ehemaliger Formel-1-Pilot, da war, fragte man sich vergebens.

Grüne: Über 4 Cent pro Liter wandern direkt an Öl-Multis

Achim Hirsch war jahrelang selbst Tankstellenbetreiber und ist nun als Berater in der Branche tätig. „Nur 1 Cent pro verkauftem Liter bleibt beim Pächter hängen“, sagte er. Er rechnete vor, dass somit bei hohen Pachtmieten nicht die Tankstellenbetreiber, sondern die Mineralölkonzerne das große Geld machen. Auch die Grünen haben nachgerechnet: Einer Studie im Auftrag der Grünen zufolge sind keineswegs nur steigende Rohölpreise und ein schwacher Euro Schuld an der Misere. Über 4 Cent pro verkauftem Liter wandern demnach in die Taschen der Mineralölkonzerne. „Das macht 100.000 Euro pro Monat, die sich die Mineralölwirtschaft in die Tasche steckt“, rechnete Höhn vor.

Das konnte  Mineralölverbands-Chef Picard nicht auf sich sitzen lassen. Natürlich schmiss auch er mit Zahlen um sich, dass nicht nur Günther Jauch schwindelig wurde. In Picards Rechnung verdienen auch die Mineralölkonzerne nur 1 Cent am Liter Benzin – offenbar purer Hohn in den Ohren des Publikums, das johlte und höhnisch lachte. Picard verkörperte am Sonntag bei Jauch den Staatsfeind Ölmulti und musste dafür lautstarken Spott von der Tribüne einstecken. Seine Worte von „transparenter Preisgestaltung“ und einem „hart umkämpften Markt“, der die Preissteigerungen möglich mache, glaubte ihm scheinbar niemand.

Döring für Erhöhung der Pendlerpauschale

Bei der Frage, was denn nun zu tun sei, sahen auch die Politiker in der Runde ähnlich alt aus wie ihre bekannten Rezepte. FDP'ler Döring will die Pendlerpauschale zu erhöhen – finanziert durch die höheren Einnahmen bei der Mehrwertsteuer auf den Spritpreis. Bärbel Höhn verteidigte die Ökosteuer als soziale Wohltat für die Rentensysteme und plädierte für die mittelfristige Abkehr vom Öl durch effizientere Autos und neue Technologien.

Hier war sie auf einer Linie mit Ranga Yogeshwar, der für alternative Mobilitätskonzepte, wie Car-sharing und Fahrgemeinschaften, warb. „Wir befinden uns als Gesellschaft in einer Abhängigkeit vom Auto“, die müsse und könne man durchbrechen, bevor Autofahren zur sozialen Frage werde. „Es darf doch nicht sein, dass in der Zukunft nur noch die Reichen Auto fahren und alle anderen zu Hause bleiben.“ Auch der kluge Kopf vom WDR konnte den Autofahrern keine gute Nachricht überbringen. Im Gegenteil: Das knapper werdende Öl werde teurer, so der Journalist. Der Benzinpreis werde weiter steigen, deshalb bedürfe es neuer Konzepte.

April, April: Backpulver im Tank macht Autos effizienter

Oder neue Technologien. Yogeshwar berichtete von neusten Versuchen in Neuseeland, die gezeigt hätten, dass Backpulver im Tank, die Effizienz von Autos steigern kann. Diese Tests habe man auch bei Ecclestone gemacht, erinnerte sich Rennfahrer Niki Lauda prompt. Während Günther Jauch noch skeptisch dreinblickte, widersprach Bärbel Höhn: „Diese Backpulvertheorie haben wir im Bundestag doch tausendfach diskutiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass uns das nicht weiterbringt.“ – die überraschendste Wendung der Sendung wurde jedoch schnell als Aprilscherz entlarvt.

Schade eigentlich, denn so blieb nach der Ersten-April-Sendung bei Jauch nur die Einsicht: Vor dem steigenden Spritpreis gibt es kein Entkommen – wie die Erfahrung zeigt ganz gewiss gerade nicht vor dem Osterreiseverkehr.