Berlin. Mineralölkonzerne dürfen eigene Tankstellen künftig nicht mehr günstiger beliefern als fremde Anbieter. Mit dieser Änderung des Kartellrechts will Wirtschaftsminister Philipp Rösler den Wettbewerb im Krafstoffhandel verbessern - und so letztlich den Benzinpreis senken. Der steigt pünktlich zu den Ferien wieder auf Rekordhöhe.

Die Bundesregierung will freie Tankstellen nun dauerhaft vor Preisnachteilen bei der Kraftstoff-Belieferung durch die großen Mineralölkonzerne schützen. Das ist nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler eines der wesentlichen Elemente einer Reform des deutschen Kartellrechts, die das Bundeskabinett am Mittwoch beschloss.

Von dem staatlichen Eingriff verspricht sich Rösler mehr Wettbewerb in Kraftstoffhandel in einer Zeit rekordhoher Preise für Benzin und Diesel. Eine Freigabe von nationalen Ölreserven scheidet nach seinen Worten als Möglichkeit, die hohen Preise zu drücken, aus. Mit der Reform will die Regierung generell die Fusionskontrolle und die Missbrauchsaufsicht stärken sowie den Verbrauchern mehr Rechte gegen wettbewerbswidriges Handeln von Firmen einräumen. Zeitgleich mit der Mitteilung stiegen die Spritpreise wieder: Wie immer vor den Ferien erreichte der Benzinpreis Rekordniveau. Mit 1,660 Euro pro Liter E10 wurde am Dienstag der bisherige Höchststand eingestellt, wie der ADAC mitteilte.

Für die kommenden Tage drohen zudem weitere Steigerungen. Die Erfahrung lehre, dass die Spritpreise vor den Ferien meist stärker zulegten, erklärte der Verkehrsclub. ADAC-Präsident Peter Meyer warnte die Mineralölkonzerne davor, dies auch in diesem Jahr zu tun. "Angesichts des aktuellen extrem hohen Preisniveaus bei Benzin und Diesel wären zusätzliche Preisaufschläge geradezu unanständig", sagte er.

Mineralölkonzerne dürfen eigene Tankstellen nicht billiger beliefern als freie Anbieter

"Mit der vorliegenden Novelle wird ein wesentlicher Baustein am Fundament der Sozialen Marktwirtschaft gestärkt", betonte Rösler. Ziel im Kraftstoffhandel sei, das bislang befristete Verbot der Preis-Kosten-Schere unbefristet zu verlängern. Damit wird unterbunden, dass Mineralölkonzerne konzerneigene Tankstellen zu billigeren Preisen mit Benzin, Super und Diesel beliefern als freie Anbieter. "Das stärkt den Wettbewerb gerade im Bereich der Tankstellen", sagte Rösler.

Daneben will die Regierung die Preispolitik für Strom und Gas noch länger auf Missbrauch hin kontrollieren. Der Energiehandel soll mit der Schaffung einer sogenannten Markttransparenzstelle für die Verbraucher durchschaubarer werden.

Krankenkassen unterliegen künftig dem Kartellrecht

Ein zweiter Schwerpunkt des Gesetzes ist das Gesundheitssystem. "Neu ist, dass Krankenkassen künftig auch dem Kartellrecht unterliegen sollen", erklärte Rösler. Davon sind demnach Fusionen betroffen, aber auch Preis- und andere Absprachen, zum Beispiel beim Thema Zusatzbeiträge.

Mit der Neufassung des Gesetzes sollen die deutschen Vorschriften zur Fusionskontrolle den europäischen angepasst werden. Auf beiden Ebenen sollen künftig weithin gleiche Maßstäbe gelten. Außerdem will die Regierung die Rechte der Kunden gegen wettbewerbswidriges Verhalten stärken. Verbraucherschutzverbände sollen Unternehmen künftig in solchen Fällen verklagen können.

Kleine Verlage sollen sich leichter zusammenschließen können

Dabei wird die Möglichkeit geschaffen, finanzielle Vorteile, die Firmen durch wettbewerbsschädliches Handeln erlangt haben, "für Kunden und Verbraucher abschöpfen zu können". Die Kartellbehörden sollen den Kunden etwa über die Stromrechnung "zu viel gezahltes Geld" wieder zurückgeben können.

Die Reform setzt auch auf dem Pressemarkt an. Demnach soll eine Änderung der sogenannten "Aufgreifschwellen" es einfacher für kleine und mittlere Verlage machen, sich zusammenzuschließen. "Das stärkt auch die Marktsituation der kleinen und mittleren Verlage nicht nur deutschlandweit", sagte Rösler. Alle entscheidenden Verlagsverbände stünden hinter diese Initiative gestellt hätten. (rtr)