Berlin. Busse und Bahnen werden in Ballungsräumen immer beliebter. Mehr als 9,7 Milliarden Fahrten zählte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) im vergangenen Jahr. Das entspricht einer durchschnittlichen Steigerung um 0,7 Prozent. Grund sei vor allem ein größeres Umweltbewusstsein.
Nach Großräumen entwickelten sich die Zahlen aber unterschiedlich: Während sie in Ballungsräumen und Großstädten stiegen, sanken sie im Regionalverkehr und in Städten mit weniger als 100.000 Einwohnern.
"Wir gehen auf die Zehn-Milliarden-Marke zu", sagte VDV-Präsident Jürgen Fenske bei der Vorstellung der Zahlen in Berlin. Mit dem Fahrgastaufkommen seien die Erträge der Unternehmen um etwa 2,5 Prozent auf rund 10,3 Milliarden Euro gestiegen. Für die regionalen Unterschiede machte er die demografische Entwicklung und die Landflucht verantwortlich. Mit dem Rückgang der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs im ländlichen Raum habe man gerechnet.
Umweltbewusstere Nutzung des Autos
Die Steigerung in den Ballungsräumen und insgesamt gesehen führte Fenske auf "verändertes Fahrgastverhalten" zurück. Es äußere sich in der umweltbewussteren Nutzung des Autos, im Rückgang der Führerscheinzahlen und der Haltung: "Auto nutzen statt besitzen".
Der öffentliche Personennahverkehr bleibe eine Wachstumsbranche, gab sich Fenske sicher. Zwar erwirtschafteten die meisten Unternehmen bei einem durchschnittlichen Kostendeckungsgrad von 77,1 oder 77,6 Prozent je nach Berechnung ihre Betriebskosten selbst, aber die Investitionskosten könnten sie nicht stemmen. Deshalb brauchten sie "mehr Rückenwind von öffentlichen Haushalten".
Infrastruktur stärken
Ein Investitionsstau von 2,4 Milliarden Euro müsse dringend abgebaut werden, damit die Infrastruktur nicht noch maroder werde und Busse und Bahnen mit Langsamfahrstellen ausbremse. Fenske forderte Bund und Länder auf, sich zügig Gedanken über die Fortführung der Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zu machen, die ab 2020 wegfällt.
Zudem sollen Schwarzfahrer in Bussen und Bahnen künftig kräftiger zahlen müssen. Statt bislang 40 müssten es 60 Euro sein, verlangt der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV). Für Wiederholungstäter sollten es sogar 120 Euro sein. "Da muss die Politik wach werden", sagte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. Der VDV ist in Gesprächen mit Ländern und Bund, um eine notwendige Gesetzesänderung durchzusetzen.
Rund 3,5 Prozent der Bus- und Bahnfahrer fahren schwarz
Der Verband schätzt, dass jährlich rund 3,5 Prozent aller Bus- und Bahnfahrer schwarzfahren. Dadurch entgingen den Unternehmen bis zu 250 Millionen Euro Einnahmen pro Jahr. Dazu kämen Ausgaben von 100 Millionen Euro für Kontrolleure. "Die Zeche dafür zahlen am Ende die ehrlichen Kunden durch höhere Fahrpreise", sagte Wolff. Es gebe mittlerweile über soziale Netzwerke organisiertes Fahren ohne zu zahlen, indem man sich gegenseitig vor Kontrolleuren warne. Dies sei "bandenmäßiges Schwarzfahren" und strafbar, sagte Wolff.
Die Schwarzfahrer nutzten dabei aus, dass es in Deutschland anders als in Nachbarländern ein offenes System gebe, wo etwa jeder die U-Bahn auch ohne Fahrkarte betreten könne. Es lohne sich bereits im Schnitt, 16-mal ohne zu zahlen zu fahren, selbst wenn man danach erwischt werde.
Öffentliche Verkehrsmittel immer beliebter
"Wir gehen von weiterem Wachstum aus", sagte VDV-Präsident Jürgen Fenske. Vor allem in Großstädten seien die Öffentlichen gefragt. .
Entsprechend seien auch die Erträge der Unternehmen gestiegen: Der subventionierte Nahverkehr trage so auch immer mehr Kosten selbst. Mittlerweile wurden 77 Prozent der Kosten aus den Fahrpreisen gedeckt. (dapd/Reuters)