Kornwestheim (dapd). Eine Kaskoversicherung soll nach einem Unfall für die Schäden am eigenen Fahrzeug einspringen. Doch das tut sie nicht immer. "Zwar ist mit der Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes das alte Prinzip Alles-oder-nichts ersatzlos weggefallen. Doch für Versicherungsnehmer gilt es gleichwohl, einiges zu beachten, wollen sie an ihr Geld kommen", sagt der auf Verkehrsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Michael Winter aus Kornwestheim.

Konnte früher der Vollkaskoversicherer einem Autofahrer nachweisen, dass ein massives Fehlverhalten - also grobe Fahrlässigkeit bis hin zum Vorsatz - Ursache für einen Unfall war, behielt er die Prämie, musste jedoch den Schaden nicht bezahlen. "Heute ist dies anders, je nach Art des Fehlverhaltens werden Quoten gebildet", präzisiert Winter: "Diese reichen von 'der Versicherungsnehmer bekommt gar nichts' bis hin zu 'er bekommt den Schaden vollständig ersetzt'."

Bei Alkoholunfällen beispielsweise werde ab 1,1 Promille oder mehr eine absolute Fahruntüchtigkeit unwiderlegbar vermutet. Diese Grenze gelte auch im Versicherungsvertragsrecht. Im Klartext: Hat der Unfallverursacher mehr als 1,1 Promille Alkohol im Blut, vermutet die Rechtsprechung im Wege des sogenannten Anscheinsbeweises einen Ursachenzusammenhang mit dem Verkehrsunfall. "Dieser Anscheinsbeweis kann nur widerlegt werden, wenn der Versicherungsnehmer zweifelsfrei den Nachweis erbringt, dass eine andere Unfallursache als absolut wahrscheinlich anzusehen ist", sagt Winter. Keine Frage: Die Aussichten auf einen Scheck von der Versicherung tendieren gegen Null.

Bei Promillezahlen zwischen 0,3 und 1,1 spreche man von einer sogenannten relativen Fahruntauglichkeit. Hier genüge der Grad der Alkoholisierung für sich alleine nicht, um eine Fahruntüchtigkeit zu belegen. In solchen Fällen müsse die Versicherungsgesellschaft alkoholtypische Ausfallerscheinungen oder einen alkoholbedingten Fahrfehler nachweisen.

"In der Literatur empfiehlt man, zwischen 0,9 und 1,1 Promille in Ausnahmefällen 20 Prozent des Schadens durch die Versicherung ersetzen zu lassen, bei allen Werten über 1,1 Promille erfolgt kein Schadensersatz", schildert Winter seine Erfahrungen: "Bei Werten zwischen 0,3 und 0,6 Promille muss man damit rechnen, nur 50 bis 20 Prozent seines Schadens ersetzt zu bekommen."

Per Quote geregelt werden auch Rotlicht-Unfälle. "Generell ist ein solcher Verstoß grob fahrlässig", weiß der Rechtsanwalt, "Ausnahmen gibt es jedoch auch". Sogenanntes Augenblicksversagen sei beispielsweise keine grobe Fahrlässigkeit. Liege eine "verzeihliche Ablenkung" beim Augenblicksversagen eines Kraftfahrers vor, empfehle die Literatur eine Kürzung der Versicherungsleistungen um 40 bis 50 Prozent. Fahre man auf der Geradeausspur trotz Rot in die Kreuzung und verursache einen Unfall, weil man versehentlich dem Grün der Linksabbiegerspur gefolgt sei, sollte nach der Literatur die Kürzung 20 bis 40 Prozent betragen.

Wer auf der Autobahn wendet, muss bei einem Unfall mit mindestens 60 bis 80 Prozent Kürzungsquote rechnen, nennt Winter ein weiteres Beispiel der Quotenregelung. Ähnlich liege es in einem Fall, in dem man auf ein gut erkennbares Hindernis auffahre.

Selbst ein Geisterfahrer könne noch je nach Einzelfall darauf hoffen, 20 bis 50 Prozent seines Schadens ersetzt zu bekommen. Ähnlich reagierten Assekuranzen, wenn man sein Auto ohne Benutzung der Handbremse auf abschüssiger Straße abgestellt hatte und es deshalb zu einem Unfall gekommen war.

Demgegenüber haben Winterreifenmuffel geradezu schlechte Karten. "Bei der Benutzung von Sommerreifen und winterlichen Straßenverhältnissen kommt man schlecht weg", warnt der Jurist: "Hier wird empfohlen, 40 bis 70 Prozent der Versicherungsleistung zu kürzen."

dapd