Washington. Das Telefonieren während der Fahrt mit einer Freisprecheinrichtung ist genau so gefährlich wie das Telefonieren mit dem Handy, ergaben zwei neue Studien. Die Gefahr geht nicht nur von der fehlenden Hand am Lenkrad aus, sondern vor allem von der fehlenden Konzentration aufs Fahren. Droht ein Komplett-Verbot?
Nicht allein die fehlende Hand am Lenkrad macht das Risiko aus, sondern die fehlende Konzentration aufs Fahren: Freisprecheinrichtungen für den Mobilfunk im Auto sind nach Ansicht von Experten ebenso gefährlich, wie das Handy einfach ans Ohr zu halten. Deshalb hat die US-Verkehrssicherheitsbehörde NTSB jetzt empfohlen, auch das Telefonieren über Freisprechanlagen beim Fahren zu verbieten.
"Nicht wo Ihre Hände sind, sondern wo Ihr Hirn ist, zählt", fasst NTSB-Sprecherin Deborah Hersman zusammen. "Es gibt zahlreiche Belege, dass Telefongespräche - ob mit Hörer in der Hand oder mit freien Händen - das Fahren beeinträchtigt und das Risiko für einen Unfall erhöht", erklärt Anne McCartt vom unabhängigen Verkehrsforschungsinstitut IIHS in Arlington im Staat Virginia. Jim Hedlund, der für die US-Behörden rund 300 Studien auswertete, kann keinen einzigen Bericht nennen, der bei Freisprecheinrichtungen ein geringeres Risiko gefunden hätte. Auch eine ähnliche Analyse für die schwedische Regierung kam kürzlich zu dem gleichen Ergebnis: Es gebe keinen Hinweis darauf, dass freies Telefonieren weniger gefährlich sei als das Telefon am Ohr.
Andere Wahrnehmung bei den Autofahrern
Laut zwei groß angelegten Studien aus Kanada und Australien war die Wahrscheinlichkeit für einen Unfall vierfach höher, wenn der Fahrer telefonierte. Dabei gab es keinen Unterschied, auf welche Weise das Telefonat geführt wurde. Die Wahrnehmung bei den Autofahrern selbst ist indes eine andere. Von rund 6.000 befragten Fahrern stuften es 40 Prozent als nicht unsicher ein, über Freisprecheinrichtung zu telefonieren. Das Mobiltelefon in der Hand erachteten hingegen weniger als 12 Prozent als ungefährlich.
Marcel Just von der Carnegie-Mellon-Universität in Pittsburgh findet das nicht überraschend. Die Fahrer spürten nicht, dass die Unterhaltung Kräfte binde, meint der Mitautor einer Studie aus dem Jahr 2008, in der Telefonieren während der Fahrt per Kernspinaufnahmen beobachtet wurde. Die Teilnehmer des Versuchs steuerten ihr Auto in einem Fahrtsimulator, während ein Magnetresonanztomograph ihre Hirnaktivitäten aufzeichnete. Im Gegensatz zu den Fahrern, die nicht in ein Gespräch verwickelt waren, setzten die mit Knopf im Ohr telefonierenden Probanden 37 Prozent ihres Gehirns weniger ein.
Selbst wenn ein Fahrer versuche, die Konversation auszublenden, werde das Sprachzentrum im Hirn aktiv, sagt Just. "Wenn jemand in Ihrer Muttersprache spricht, kann man das nicht per Willensentscheidung nicht hören", erklärt er. "Es geht einfach durch." (dapd)