München/Berlin (dapd). In der dunklen Jahreszeit sind Fußgänger im Straßenverkehr besonders gefährdet. Witterungsbedingt schlechte Sichtverhältnisse machen es vielen Autofahrern schwer, die Personen rechtzeitig zu erkennen. Hinzu kommen vereiste Bürgersteige, die für ungewollte Rutschpartien sorgen. Kommt es zu einem Unfall, haben auch Fußgänger einige Rechte und können Ansprüche stellen. Wer beispielsweise auf einem nicht gestreuten Weg stürzt, kann laut Markus Schäpe, Jurist beim ADAC, unter Umständen Schadensersatz und Schmerzensgeld beim Streupflichtigen geltend machen. Doch wer dieser sogenannten Verkehrssicherungspflicht unterliegt, ist nicht immer einfach zu klären.

Eine spezifische gesetzliche Regelung für diese Pflicht gibt es nämlich nicht, wie Schäpe betont. Vielmehr habe sie sich durch die Rechtsprechung im Laufe einiger Jahre entwickelt, deren Grundlage sich im Paragraf 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches finde. Somit bestehe die Verkehrssicherungspflicht aus zahlreichen Einzelfallurteilen, aus denen sich mittlerweile eine Art bundesweit geltendes Regelwerk gebildet habe (zum Beispiel: OLG Dresden, Az. 6 U 2908/96; BGH, Az. III ZR 8/03).

Im Ursprung liegt die Räum- und Streupflicht der Bürgersteige laut dem Juristen bei den Städten und Kommunen. Viele Gemeinden haben die Verantwortung allerdings auf die Hauseigentümer übertragen und dies in eigenen Satzungen geregelt. Diese können von Stadt zu Stadt unterschiedlich sein, beinhalten im Kern jedoch die gleichen Regeln und Zeiten für Räumarbeiten, sagt Schäpe. Meist müssen Gehwege werktags ab 7 Uhr, sonn- und feiertags ab 9 Uhr geräumt sein und bis 20 Uhr freigehalten werden. Fällt also weiter Schnee oder bildet sich erneut Eis, sind von den Verantwortlichen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. "Diese Pflicht können Vermieter durch eine entsprechende Klausel im Mietvertrag oder durch die Hausordnung auf ihre Mieter und Pächter übertragen", sagt Schäpe. In diesem Fall seien jene für die Beseitigung von Schnee und Eis verantwortlich und könnten gegebenenfalls auch in Haftung genommen werden.

Doch die Gefahr für Fußgänger lauert nicht nur am Boden - auch von oben kann einiges kommen. So drohen nach starkem Schneefall Dachlawinen von den Häusern zu stürzen. Bei Tauwetter fallen zudem Eiszapfen herab, die wie die Lawinen zu Verletzungen führen können. "Auch in diesen Fällen können Hausbesitzer oder Mieter für Schäden haftbar gemacht werden", sagt Markus Schäpe. Hier gelte ebenfalls die Verkehrssicherungspflicht. Allerdings könne niemand verlangen, dass die Verantwortlichen auf steile Dächer klettern, um dort Schnee zu räumen. Sei eine Räumung daher nicht möglich, müssten wenigstens für Passanten gut sichtbar angebrachte Warnschilder oder eine Absperrung auf die Gefahr aufmerksam machen. Beachte ein Fußgänger diese Hinweise nicht, würde ihm im Schadensfall mindestens eine Mitschuld angerechnet - oder er bleibe allein auf seinem Schaden sitzen bleiben, erläutert der Jurist die Rechtslage.

Wer zu Fuß geht, hat somit nicht nur das Recht auf Schadensersatz, wenn etwas passiert. Er hat auch die Pflicht, aufmerksam zu sein. Passanten können sich laut des Fachverbandes Fußverkehr Deutschland mehr Grip auf Eis und Schnee verschaffen, indem sie sich Spikes unter die Schuhe schnallen. Der mittlerweile bei vielen Einzelhändlern erhältliche Gleitschutz verleihe einen sicheren Halt auf glatten Flächen.

Um darüber hinaus von anderen Verkehrsteilnehmern besser gesehen zu werden, rät die Unfallforschung der Versicherer, helle Kleidung zu tragen. Darauf angebrachte reflektierende Streifen erhöhten die Sichtbarkeit, da diese im Scheinwerferlicht leuchten. Zudem diene vorausschauendes Verhalten dem eigenen Schutz. Daher sollten stark befahrene Straßen nur an gut beleuchteten Stellen überquert werden. Bei Autos, die von rechts kommen, gelte es außerdem zu bedenken, dass die Fahrer bei spärlicher Beleuchtung den linken Straßenrand schlechter sehen.

dapd