Essen. . 3722 stationäre Blitzer listet das Internetportal www.Radarfalle.de zurzeit in Deutschland auf, davon 933 in NRW. Täglich kommt einer dazu: Die Kommunen und das Land erzielen mit der Tempoüberwachung hohe Einnahmen.

Er war der erfolgreichste Mitarbeiter der Stadt Dorsten. In 14 Jahren hatte er über drei Millionen Euro eingefahren und seinen Abschied mit dem Restwert noch selbst bezahlt. Dabei hatte die Einstellung des stadtbekannten Ford Escort als Radarwagen 1996 nur 12.500 Euro gekostet. Und seine Kamera blitzt noch weiter im Nachfolger, so lange es noch die aussterbenden Filmrollen gibt. Geschwindigkeitskontrolle ist abseits von Erwägungen der Verkehrssicherheit längst ein Profitcenter für die Kommunen, und die Branche boomt. Herne wartet zurzeit auf den zweiten Radarwagen – Lieferschwierigkeiten.

An jedem der vergangenen zehn Tage ist eine dazu gekommen: 3722 stationäre Geschwindigkeitsüberwachungs-Anlagen in Deutschland listet das Internetportal www.Radarfalle.de am gestrigen Freitag auf, davon 933 in NRW. Grundsätzlich dürfen sie nur an Unfallschwerpunkten eingesetzt werden. Deutsche Blitzer-Hauptstadt ist Bremen (43) vor Wuppertal (41), bei den Kreisen rangiert Esslingen (96) vor Ludwigsburg (90, beide Baden-Württemberg). An der Weltspitze liegen Brasilien mit (8990), Großbritannien (5447), die USA (4712) und Italien (3940) vor Deutschland, Schlusslicht: Mexiko (1).

Blitzen ab 34 Kilometern in der Stunde

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Ende November erklärte NRW-Innenminister Ralf Jäger Rasern den verschärften Krieg, den die Polizei im Land mit Laserpistole und 131 mobilen Radargeräten führt. Damit wolle Jäger der 2011 erstmals seit Jahren wieder angestiegenen Zahl von Verkehrstoten begegnen.

Mit Finanznöten habe das nichts zu tun, sagt das Ministerium. Rund 25 Millionen Euro an Strafgeldern brachten Tempokontrollen Nordrhein-Westfalen 2010 ein, und es soll in diesem Jahr sogar etwas weniger werden. Die Polizei koste NRW jedoch drei Milliarden Euro.

Manche Städte machen den Düsseldorfer Feldzug sehr willig mit. Essen erklärte, in Tempo-30-Zonen seine Geräte ab sofort ab 34 km/h blitzen zu lassen. In Dinslaken kontrolliert voraussichtlich bald neben Polizei und Kreis auch die Kommune selbst. Mobil überwacht wird ebenfalls nur an Gefahrenpunkten. Allein 580 gibt es in Düsseldorf.

Zusammenhang zwischen Unfallentwicklung und Raserei unbewiesen

Dabei ist der Zusammenhang zwischen negativer Unfallentwicklung in 2011 und zunehmender Raserei unbewiesen. Die Einträge in die Flensburger Verkehrssünderkartei wegen Geschwindigkeitsübertretung in NRW gingen von 2006 bis 2010 um elf Prozent zurück, drei Prozent mehr als im Bundesschnitt. Ihr Anteil an allen Eintragungen sank laut Kraftfahrt-Bundesamt entgegen dem umgekehrten Bundestrend leicht auf 58 Prozent - ein immer noch hoher Wert.

VDS Verkehrstechnik vertreibt von Oberhausen aus klassische kantige Starenkästen. 30.000 Euro kostet die Kameratechnik einer „M5 Speed“, 20 000 Euro die Errichtung des Standorts für die Überwachung von zwei Spuren mit in die Fahrbahn eingelassenen Kontaktschleifen. radar wird hier nicht eingesetzt. Betriebskosten laut Jens Fischer von VDS: die jährliche Eichung und alle 10 000 Blitze eine neue Röhre für 294 Euro.

Seit deren Zulassung 2009 habe der unaufhaltsame Siegeszug der digitalen Technik eingesetzt, so Fischer. Das teure Hantieren mit klassischen Filmen entfällt dadurch. Die mobile, wirklich mit Radar arbeitende „M5“ für den mobilen Einsatz aus dem Kofferraum heraus oder am Straßenrand kommt auf 50 000 Euro.

Schussfeste Laseranlage

In Monheim im Kreis Mettmann baut die Jenoptic-Tochter Robot Visual Systems La­ser-Pistolen. Was das Innenministerium vorgibt, nicht zu wissen, weiß Robot-Inlandsvertriebsleiter Hartmut Hoffmeister: dass es bei der Polizei 5000 Laserpistolen gibt, davon etwa 1000 in NRW, Preis je 5000 Euro. Rund zwei Drittel der teils von Militärtechnik abgeleiteten Präzisionsgeräte mit bis zu einem Kilometer Reichweite gehen in den Export.

Nicht nur dank der „Pistolen“ in Polizistenhand geht der Trend zur „Laserfalle“. Marktführer ist hier der Mittelständler Vitronic aus Wiesbaden, Jahresumsatz 2010 42 Millionen Euro, bereits 220 exportierte Anlagen in die Golfstaaten. Die schick designte „Poliscan Speed“ kostet zwar 80 000 Euro für den Blick auf drei Spuren in eine Richtung, benötigt aber als Laser-Waffe keine Kontakte mehr in der Fahrbahn. Auf Wunsch gibt es eine Software dazu, die das Bildmaterial gerichtsfest digital aufbereitet. Muss dann nur noch abgeschickt werden.

Vitronic wirbt, dass die „Poliscan“ mit einer Alarmanlage ausgerüstet und „schussfest“ ist. Schon häufig filmisch umgesetzte Attacken ertappter Zuschnellfahrer mit Baseballschläger oder Härterem bringen übrigens nur noch selten etwas. Selbst viele alt aussehende Starenkästen schicken ihre Digitalbilder längst sofort per Funk weiter. Als Email verschickt, wäre das Foto schneller zuhause als der Fahrer.