Essen. Junge Menschen wollen kein Auto mehr besitzen. Das behauptet diese Woche das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ und folgt damit dem Trend, an den Untergang des automobilen Abendlandes zu glauben. Man kann auch ungläubig bleiben.
Tatsächlich besitzen heute weniger junge Männer zwischen 18 und 29 Jahren ein Auto als im Jahr 2000. Vergangenes Jahr waren es nur noch 344 von 1000 statt 518 – das Wörtchen „nur“ muss man wohl in Klammern setzen (rund ein Viertel des Rückgangs resultiert übrigens allein aus einer anderen Zählweise beim Kraftfahrt-Bundesamt). Den Trend gibt es bei jungen Fauen auch, aber: Innerhalb einer Generation hat sich der Anteil weiblicher Kfz-Halter mehr als verdoppelt und liegt jetzt bei knapp 40 Prozent.
Gibt es eine Abkehr junger Stadtbewohner (auf dem Land kommt man aufgrund des schleichend ausdünnenden öffentlichen Verkehrs ohne eigenes Gefährt immer weniger aus), hat das natürlich in erster Linie schlicht soziale Gründe. Während die Realeinkommen gesunken sind, haben sich die Auto-Kosten vom Führerschein bis zur Zapfsäule massiv erhöht. Viele Junge aus der Generation Praktikum haben einfach kein Geld übrig für ein eigenes Auto, nicht einmal für die Führerscheinprüfung mit 18 – früher ein Muss unter Volljährigen.
Für die oftmals selbst ernannten Trendforscher aller Orten strebt der junge Großstadtbewohner, wenn er überhaupt mal einen Wagen braucht, zum nächsten Car-Sharing-Parkplatz – All-Inclusive-Preis mörderisch billig erscheinende 29 Cent pro Minute, beispielsweise bei BMW für einen Mini.
Nur: Richtig billig ist das gar nicht. Bei einem realistischen Durchschnittstempo in der Mega City von höchstens 25 Kilometern pro Stunde kostet der Kilometer bereits 70 Cent. Da muss man nicht viele tausend Kilometer im Jahr fahren, damit ein eigener Gebrauchtwagen unter dem Strich günstiger ausfällt. Und der Autovermieter kann es auch besser.
Kein Wunder, dass Car-Sharing bislang nur bei ideologisch geprägten Überzeugungstätern aus der Anti-Auto-Fraktion funktioniert, eine Minderheit von rund 200.000 Deutschen, immerhin fünfmal so viele wie noch vor zehn Jahren. Selbst gute Angebote im Fahrradbereich werden kaum genutzt. Die an attraktiven Orten abgestellten, technisch sehr guten und mit maximal ein Euro pro Stunde sehr günstigen Leihfahrräder von Metropol Ruhr im Revier werden seit ihrem Erscheinen im Juni 2010 bislang im Schnitt nur zweimal pro Monat genutzt.
Und wenn junge Leute sich wirklich vom Auto abwenden würden? Dann könnte das den deutschen Autoherstellern erst einmal völlig egal sein. Das Durchschnittsalter eines deutschen Autokäufers liegt bei 50 Jahren. Grundsätzlich gilt zusätzlich: je teurer, umso höher das Käuferalter. Und die neuen Senioren kaufen in einem Alter noch teure Autos, in dem man früher eher seinen Führerschein zerrissen hätte.
Die PS-Opas können ihre armen autolosen Enkel ja ab und an mal mitnehmen, Privat-Car-Sharing sozusagen. Besser und billiger geht es dann wirklich nicht mehr.