Essen. Privatsender und Werbung haben bekanntlich die Jüngeren im Visier. Ob's richtig ist? Auf dem Automobilmarkt scheint sich die Situation zu ändern. Da rückt die Generation der über 60-Jährigen immer mehr in den Fokus.

Wer hätte das noch vor einigen Jahrzehnten gedacht? Die Generation der über 60-Jährigen rückt im Automobilmarkt immer mehr in den Fokus.

Heute geht mit etwa 30 Prozent fast jeder dritte verkaufte Neuwagen an einen Senior, wie aus einer Studie des Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen hervorgeht. Tendenz steigend.

Bis zum Jahr 2020 sagt die Studie gar einen Anteil von 35 Prozent voraus. Der Hauptgrund dafür ist die demografische Entwicklung in unserer Gesellschaft. Die Altersgruppe gewinnt für die Automobilhersteller also zunehmend an Bedeutung. Schon heute liegt das Durchschnittsalter aller Neuwagenkäufer bei 51,3 Jahren. Das sind geschlagene fünf Jahre mehr als noch 1995. Bei jüngeren Menschen stehe laut der Studie das Automobil nicht mehr so stark im Zentrum des Interesses wie dereinst. Telekommunikation, Reisen und Elektronik nehmen im Leben der heutigen jüngeren Generation eine wichtige Position ein.

Liebling ist der Golf Plus

Ungeschlagener Liebling der reiferen Autofahrer ist der VW Golf Plus. Zwischen Januar und Juni 2011 gingen 12.106 – und damit 69 Prozent aller verkauften Exemplare – der höher gesetzten VW Golf-Variante an Käufer, die 61 Jahre oder älter waren. Das sind 5,3 mal so viele wie bei den jüngeren Neuwagenkunden. Der Golf Plus macht einen Marktanteil von strammen 6,1 Prozent bei den Senioren aus. Jüngere Käufer hingegen bevorzugen die normale Golf-Variante, die der unangefochtene Topseller auf dem deutschen Automarkt ist. Großer Beliebtheit erfreuen sich bei den „Oldies“ auch die Minivans Opel Meriva und Mercedes-Benz B-Klasse.

Besonders wichtig sei den älteren Autofahrern eine erhöhte Sitzposition, wie Ferdinand Dudenhöffer, der Leiter des Center Automotive Research erläutert. Denn diese erleichtere nicht nur das Einsteigen, sondern biete auch eine gute Übersicht über das Verkehrsgeschehen und erhöhe das subjektive Sicherheitsempfinden. Kein Wunder also, dass neben dem VW Golf Plus auch die hochbeinigen SUVs der Renner sind. Außerdem legen die Senioren großen Wert auf eine gehobene Komfort- und Sicherheitsausstattung.

Vorliebe für einheimische Hersteller

Bei ihrem neuen Vehikel bedient sich die Ü60-Klientel gerne bei den einheimischen Automobilherstellern. Auf Audi, Mercedes-Benz, Porsche, Opel, Ford, BMW und Volkswagen entfielen zirka 58 Prozent der an die älteren Autofahrer verkauften Einheiten. Von den jüngeren Käufern griffen nur 47 Prozent zu einem Fahrzeug made in Germany.

Vor allem Mercedes, Opel und VW vermögen zu punkten. Im Fall von Mercedes-Benz liegt das Durchschnittsalter der Käufer mit 55,9 Jahren unter allen Marken am höchsten, gefolgt von Jaguar mit 55,4 Jahren, Subaru mit 55,1 und Lexus mit 54,5 Jahren. Das liegt nicht zuletzt daran, dass diese Generation die größte Kaufkraft aufweist.

Interesse an neuen Antriebstechnologien

Auch neue Antriebstechnologien stehen bei den älteren Autofahrern offenbar recht hoch im Kurs. Hybridfahrzeuge beispielsweise finden bei der Generation Golf Plus 1,8 mal häufiger einen Käufer als bei den jüngeren Kundenschichten. Doch bewegen sich hier die Verkäufe trotzdem auf sehr niedrigem Niveau. Denn die Doppelmotorfahrzeuge machen auch bei der älteren Käuferschicht noch nicht einmal ein Prozent der verkauften Fahrzeuge aus.

Wer jedoch glaubt, dass Senioren auf altbackenes Design stehen, sieht sich getäuscht. Jugendlich gestaltete SUVs und Crossover-Fahrzeuge stehen hoch im Kurs.