Mülheim. .

Auf Streife mit der Autobahnpolizei. Warum stockt der Verkehr besonders an Rhein und Ruhr so oft? Die Polizisten auf Streife wissen: Der Faktor Mensch ist der „größte Schwachpunkt“.

Eigentlich gelten ja die Engländer als die Weltmeister im Schlangestehen, deutsche Autofahrer könnten ihnen diesen Titel aber bald streitig machen. Auf einer Gesamtlänge von 400 000 Kilometer standen sie 2010 im Stau, meistens in NRW. So richtig glauben kann man das an diesem Morgen nicht. Beinahe verlassen liegen die Verkehrsadern an Rhein und Ruhr in der etwas zu kühlen Augustsonne.

Liegt es an der Uhrzeit? Sitzen die Pendler um 9 Uhr schon an ihren Schreibtischen? „Für einen Wochentag ist es auch um diese Uhrzeit ungewöhnlich leer“, sagt Frank Wilker vom Fahrersitz des Streifenwagens. Zusammen mit Polizeioberkommissarin Stefanie Cascales fährt der 50-Jährige Streife im Revier der Mülheimer Autobahnpolizei. Doch auch wenn A3, A44 und A52 heute nicht das halten, was allmorgendlich der Verkehrsfunk über sie verspricht, auf die A40 ist Verlass. An der Ausfahrt Essen-Kray in Richtung Duisburg kommt der Verkehr kräftig ins Stocken. Die Autobahn wird hier dank dreispurigem Ausbau zum Nadelöhr. Zu viele Autos und zu wenig Platz, das bedeutet in der Regel Stau. Gerade an diesem Wochenende dürfte es hier wieder voll werden, in NRW ist Ferienhalbzeit, viele Urlauber sind auf den Straßen unterwegs.

Faktor Mensch ist der „größte Schwachpunkt“

„Das Verkehrsaufkommen ist in den letzten Jahren enorm gestiegen“, sagt Martin Gerlings, stellvertretender Dienststellenleiter der Mülheimer Autobahnpolizei. An einer Stelle im Essener Raum kämen pro Tag 140 000 Fahrzeuge vorbei. „Ja, es gibt den Stau, weil zu viele Fahrzeuge da sind.“ Der Faktor Mensch sei jedoch der „größte Schwachpunkt“.

Autofahrer, die vergessen zu tanken, Urlauber, die das Fahrrad auf dem Dach nicht richtig befestigen oder einfach Drängler, die ihrem Vordermann zu dicht auf die Stoßstange fahren, das seien häufige Stauursachen.

Aber der Mensch ist natürlich nicht immer Schuld. An einigen Stellen wird die A40 ohne Seitenstreifen zur besonders tückischen Staufalle. „Wenn hier ein Auto liegenbleibt, ist direkt eine ganze Fahrbahn zu“, sagt Gerlings.

Wenige Kilometer weiter auf dem Ruhrschnellweg entdecken die Autobahnpolizisten Wilker und Cascales einen solchen Pkw. Im Tunnel vor der Ausfahrt Holsterhausen ist der Mercedes liegengeblieben. Kein schöner Ort, um auf den Abschleppdienst zu warten. Die Autobahnpolizisten entscheiden kurzer Hand, den Pkw selbst abzuschleppen.

Denn, was viele nicht wissen, Streifenwagen haben immer ein Abschleppseil an Bord. Der Grund: Egal ob Panne oder Unfall, die Polizisten wollen die Fahrbahn wieder freibekommen. Das Gebot, möglichst schnell für freie Fahrt zu sorgen, legen sie aber auch allen anderen Verkehrsteilnehmern ans Herz. Bei einem kleinen Auffahrunfall gebe es keinen Grund, mitten auf der Fahrbahn auf die Polizei zu warten. Man sollte zumindest auf den Seitenstreifen, wenn nicht sogar ganz von der Autobahn fahren.

Wissen, wo die Öse ist

Wer liegenbleibt und die Autobahn nicht mehr selbst verlassen kann, sollte die Polizei rufen. Wichtig ist, dass man den Beamten sagen kann, wo man genau steht. Cascales erzählt von einem Fahrer, der bei der Polizei anrief und sagte: „Ich befinde mich fünf Kilometer vor einem Schild, auf dem Duisburg steht.“ Es dürfte ziemlich lange gedauert haben, bis die Beamten ihn aufgespürt hatten.

Ein weiteres Problem: Viele wissen nicht, wo sie ihre Abschleppöse haben. Das wird besonders Urlaubern zum Verhängnis, die bei der Suche ihren ganzen Kofferraum ausräumen müssen. Bei den beiden Herren im Mercedes ist das zum Glück nicht der Fall, schnell ist der Pkw hinter den Streifenwagen gespannt, und los geht die Fahrt. Ein recht kurzes Vergnügen, denn bis zur nächsten Werkstatt schleppt einen die Polizei nicht. Unmittelbar hinter der Autobahnausfahrt ist Schluss. Über die Zentrale wird der ADAC verständigt, damit er das Pannenfahrzeug einsammeln kann.

Die beiden Autobahnpolizisten müssen derweil weiter, immer dem Stau auf der Spur.