Essen. . Weiterhin ist der neue Kraftstoff Super E10 mit zehnprozentigem Biospritanteil im Ruhrgebiet wie in ganz NRW kaum zu bekommen. Unterdessen beweist ein Test des ADAC, dass E10 nicht zum sofortigen Motortod führt.
Eigentlich ist alles vorbereitet. Sowohl die Anzeigentafel an der Straße als auch die Zapfsäule und der Tankrüssel auf dem Hof. „E10“ ist auf den Schildern der Tankstelle an der Kölner Straße in Mülheim mehrfach zu lesen. „Doch tatsächlich im unterirdischen Tank haben wir den neuen Kraftstoff nicht“, sagt Pächter Gerd Wallbarth. Seit drei Monaten preist er an seiner Tanke den Biosprit an. Geliefert hat ihn seine Benzin-Gesellschaft aber noch nicht. Wer daher an der Star-Tanke zum E10-Rüssel greift, tankt weiterhin erstmal „Super“. Traurig darüber ist Wallbarth nicht. „Ich weiß schließlich um die Reaktionen meiner Kunden.“ Denn die seien, auch Monate nach der Einführung des Biokraftstoffs, skeptisch.
Beispiel gefällig? Ohne zu wissen, dass sie eigentlich „Super“ erhalten, zapften Wallbarths Kunden am Montag 90 Liter aus dem vermeintlichen E10-Tankrüssel. „8000 Liter flossen dagegen aus dem ,Super’-Zapfhahn“, so Wallbarth. So lange es noch Super (E5) und Super Plus (E5) gibt, und das soll nach EU-Richtlinien noch bis mindestens 2013 der Fall sein, werde sich daran auch nichts ändern. Den Grund für die Skepsis der Kunden sieht Pächter Wallbarth darin, dass noch immer kaum jemand wisse, ob sein Auto E10 verträgt. Zudem böten Tankstellen, die E10 führen, den Kraftstoff zum selben Preis an wie „Super“.
Nur jeder vierte deutsche Autofahrer greift zur E10-Zapfpistole
Doch eben diese sind noch rar gesät. Zumindest in NRW. Bei Aral zum Beispiel sucht der Kunde vergebens nach dem neuen Biosprit. Frühestens im September soll das anders sein. „E10 gibt es an Rhein und Ruhr nur punktuell. Mit der Einführung des Biosprits wurden erst einmal Tankstellen im Osten und Süden Deutschlands damit beliefert“, bestätigt Jacqueline Grünewald vom ADAC Nordrhein. Die Tanks im Norden und Westen der Republik sind immer noch leer.
Was für die Anbieter kein Nachteil sein muss: Laut einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens TEMA-Q ist die Nachfrage nach dem neuen Kraftstoff gering. Nur jeder vierte Autofahrer mit Benziner greift zum E10-Rüssel, der Rest vertraut herkömmlichem Super.
E10 ist immer noch als Motorenkiller in Verruf. Zumindest wurde schon davor gewarnt davor, bei einer Fehlbetankung mit E10 sein Fahrzeug zu starten. Autofahrer sollten bei so einem Tank-Gau sofort eine Werkstatt aufsuchen. Ist das vielleicht zu vorsichtig? Als Anfang März die Wogen um den neuen Biosprit hochschlugen, hat sich das ADAC-Technikzentrum in Landsberg/Lech jedenfalls einen gebrauchten Opel Signum angeschafft, der laut Hersteller E10 nicht verträgt. Seine Kenndaten: Baujahr 2003, 2,2 Liter Hubraum, Benzindirekteinspritzung der ersten Generation, Tachostand bei Kauf 90 000 Kilometer. „Eben ein Otto-Normalverbraucher-Auto“, so ADAC-Techniker Carsten Graf, der den außergewöhnlichen Testlauf leitet.
Regierung räumt inzwischen schwere Fehler bei der Einführung ein
Und? Seit mehr als 16 000 Kilometern betanken die ADAC-Mitarbeiter nun den Opel – der übrigens momentan im Raum Aachen unterwegs ist – mit Biosprit. Mal geht es auf Kurzstrecke, dann werden wieder lange Routen gefahren. Das Ergebnis ist bei allen gleich: „Kein Stottern und kein Murren. Auch der vermutete Motorentod blieb aus, auch zu unserer eigenen Verwunderung“, sagt Graf. Was die Experten aus dem Testlauf ableiten? „Weiterhin gilt: Autobesitzer sollen E10 nur tanken, wenn ihr Fahrzeug dafür die Freigabe des Herstellers hat. Unser Test könnte aber darauf deuten, dass man nach einer Fehlbetankung sein Auto nicht gleich in Panik zur nächsten Werkstatt abschleppen und den Tank entleeren lassen muss“, so der Kfz-Meister.
Eine Flut von Autos, die fälschlicherweise mit E10 getankt wurden, gibt es nicht in den Werkstätten. Es seien kaum Fälle bekannt, in denen Tanks wieder leer gepumpt werden mussten, berichtet Stephan Reichert, technischer Berater beim Deutschen Kraftfahrzeuggewerbe NRW.
Die Bundesregierung hat derweil Fehler bei der Einführung des neuen Kraftstoffs E10 eingeräumt: „Das war wirklich eine Panne“, so Verkehrs-Staatssekretär Rainer Bomba. Die mangelhafte Akzeptanz des Benzins zeige: „Es geht nicht ohne die Bürger.“