Essen. . Noch immer ist die Verunsicherung um den neuen Biosprit E10 groß. Laut einer ADAC-Umfrage lehnen 85 Prozent der Autofahrer den Kraftstoff ab. Nun will Esso die E10-Preise senken.

Als die Bundesregierung wegen der massiven Ak­zeptanz-Probleme beim Biosprit E10 vor knapp zwei Wochen zum Benzin-Gipfel lud, herrschte Einigkeit: Alle Beteiligten – also Politik, Industrie und Verbände – gelobten, die Autofahrer künftig besser über E10 informieren zu wollen.

Doch die angekündigte Aufklärungsoffensive scheint bisher wenig zu fruchten: Nach einer Umfrage des Automobilclubs ADAC lehnen 85 Prozent der Autofahrer weiterhin den neuen Biosprit ab. Nun will der Mineralölkonzern Esso die Preise für E10 testweise an einigen Tankstellen senken.

Besser aufklären

Bei der ADAC-Umfrage ga­ben rund 40 Prozent als Grund für ihre E10-Verweigerung an, dass der Biosprit ihrer Meinung nach der Umwelt nicht nutze. Als weitere Hauptgründe wurden genannt: die Angst vor einem Schaden am Auto und die Befürchtung, dass E10 zu einem höheren Spritverbrauch führe. Auf der anderen Seite befürworteten rund zehn Prozent der Befragten den Biosprit, da ihr Fahrzeug keine Probleme damit habe. Gut fünf Prozent tanken den neuen Kraftstoff, weil er billiger ist – rund ein Prozent bejaht E10, da dieser der Umwelt nutze.

Laut ADAC-Sprecher Dieter Wirsich zeigen die Ergebnisse, wie sehr die Informationspolitik beim E10 im Ar­gen liegt – besonders im Hinblick darauf, dass die Autofahrer die Finger vom billigeren Biosprit lassen und stattdessen auf die teureren Super-Kraftstoffe zurückgreifen. „Es reicht nicht, nur ein paar Zapfsäulen mit einem neuen E10-Label zu versehen. Man muss die Autofahrer besser über die Vorteile und die Sinnhaftigkeit des Biokraftstoffes aufklären“, sagte Wirsich gegenüber DerWesten.

ADAC fordert Super flächendeckend

Er betonte, dass E10 eine „vernünftige Alternative“ sei. Zugleich wies Wirsich darauf hin, dass die Tankstellen nach ADAC-Ansicht auch weiterhin den bisherigen Super-Kraftstoff flächendeckend an­bieten müssten. „Und das zu einem akzeptablen Preis für Autofahrer, deren Fahrzeuge kein E10 vertragen.“

Dem widerspricht aber Ka­rin Retzlaff, Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV). „Dann wäre E10 nicht die Standard-Spritsorte, sondern nur eine ganz kleine Sorte.“ Das sei jedoch nicht die Idee der Politik gewesen, als sie die Einführung des neuen Biosprits beschlossen hatte. Gut 90 Prozent der Autos würden den Biokraftstoff auch vertragen. E10 hat eine Beimischung von zehn Prozent an Bioethanol aus nachwachsenden Rohstoffen – normales Super hat nur fünf Prozent.

Lieferengpässe bei Super und Super Plus

Nach Angaben des MWV kommt es in Deutschland aufgrund der hohen Nachfrage nach Super-Kraftstoffen mittlerweile zu Lieferengpässen bei Super und Super Plus. Die E10-Lager seien dagegen randvoll. Um das zu ändern, hat der Öl-Multi Esso jetzt eine Preisoffensive bei E10 angekündigt. „Wir haben uns auf dem Benzin-Gipfel zwar verpflichtet, alles zu tun, um die Akzeptanz für E10 zu steigern. Aber leider hatten wir mit unserer Aufklärungsarbeit keinen Erfolg“, sagte Esso-Sprecherin Gabriele Radke der „Bild“. Und: „Jetzt senken wir an manchen Tankstellen testweise die Preise für E10.“ Wie lange die E10-Preissenkung bestehen soll und wie hoch sie ausfallen wird, sagte Radke nicht.

Neben dem Abbau der E10-Lager verfolgt Esso mit seiner jetzigen Strategie offenbar noch ein weiteres Ziel: Nach den Vorgaben der Politik muss die E10-Verkaufsquote in diesem Jahr mindestens 6,25 Prozent des Gesamtabsatzes an Treibstoff in Deutschland betragen. Erfüllen die Öl-Multis die Quote nicht, drohen ihnen Strafzahlungen von zwei Cent je zu wenig verkauftem Liter Biosprit. Das kann sich schnell auf hohe Millionenbeträge summieren. Inwieweit andere Mineralöl-Unternehmen dem Beispiel Esso folgen wollen, war gestern nicht klar.