Berlin. Im Zuge der Probleme bei der Einführung des Biosprits E10 ist die Debatte um ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen wieder entflammt. Die Grünen sowie Umweltverbände sind dafür, Vertreter der Automobilindustrie lehnen generelle Tempobegrenzungen ab.
Kaum ist die Entscheidung für die Einführung des umstrittenen E10-Benzins gefallen, hagelt es Kritik von allen Seiten. Für Aufsehen sorgt jetzt unter anderem Cem Özdemir. "E10 löst unsere Probleme nicht", so der Grünen-Chef im ZDF. Viel sinnvoller seien sparsamere Motoren und ein bundesweit einheitlich geltendes Tempolimit. An den Tankstellen werde "mit den Kunden experimentiert". Eine Geschwindigkeitsbegrenzung dagegen sei fast kostenlos, werde von der Bundesregierung aber politisch nicht gewollt.
VCD: Tempolimit erhöht auch die Verkehrssicherheit
Rückendeckung erhält der Grünen-Politiker von Umweltlobbyisten wie dem Verkehrsclub Deutschland (VCD). Um den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 bundesweit um 40 Prozent bis zum Jahr 2020 zu verringern, wie es die Bundesregierung in ihrem Klimaschutzprogramm anstrebe, müssten "alle dafür zielführenden Maßnahmen berücksichtigt werden", fordert VCD-Bundesvorsitzender Michael Ziesak. Dazu gehöre auch ein Tempolimit auf der Autobahn, da der Spritverbrauch bei Geschwindigkeiten über 100 km/h überproportional ansteige. Weiterer Nebeneffekt aus Sicht des VCD: Auch der Verkehrsfluss und das Unfallrisiko könnte infolge geringerer Geschwindigkeitsunterschiede verbessert werden.
Nach Ansicht der Tempolimit-Befürworter bewirkt E10 im Vergleich zum bisher an den Tankstellen "ausgeschenkten" E5-Superbenzin bestenfalls weniger als eine Million Tonnen CO2-Ersparnis. Würde die Autobahn-Höchstgeschwindigkeit dagegen auf 120 km/h begrenzt, könnten jährlich mit minimalem Aufwand über drei Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, rechnet der VCD vor.
Daimler-Boss Zetsche: Tempolimit vor allem "ein ideologisches Thema"
Mit der Forderung nach einem Tempolimit machen sich die Umweltschützer bei der Autofahrernation Deutschland allerdings nicht nur Freunde. Auch nicht in Reihen der Automobilindustrie: Nach Ansicht von Daimler-Boss Dieter Zetsche ist das Tempolimit vor allem "ein ideologisches Thema". Dies habe "weder mit Sicherheit oder Umweltschutz etwas zu tun, noch damit, dass Rasen selig macht", so der Daimler-Chef im Interview mit der Zeitschrift "Stern". Zetsche sieht die Sache naturgemäß vor allem vor dem absatzpolitischem Hintergrund: "Die Tatsache, dass unsere Fahrzeuge für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt sind, ist im Ausland ein wichtiger Kaufgrund. Wir sind gut beraten, die Strecken ohne Tempolimit auf den Autobahnen zu erhalten." Eine Sichtweise, mit der er sicher vielen deutschen Autofahrern aus der Seele spricht. (mid)