Berlin. Der Benzinpreis-Schock sitzt tief. Millionen Autofahrer wechseln von der Straße auf die Schiene. Das schont vor allem die Portmonees der Berufspendler, sagt der Verkehrsclub Deutschland.

Über hohe Benzinpreise kann sich derzeit nur eine freuen. Der Deutschen Bahn treiben die Rekordpreise an den Tankstellen Millionen Neukunden zu. Im Nah- und Fernverkehr habe die Bahn zwischen Januar und April im Vergleich zum Vorjahreszeitraum rund 20 Millionen Reisende hinzu gewonnen, bestätigt Bahn-Sprecher Andreas Fuhrmann in Berlin. Kundenbefragungen hätten gezeigt, dass immer mehr Menschen wegen der hohen Benzinpreise ihr Auto stehen lassen und auf den Zug umsteigen.

Besonders gefragt waren Verbindungen mit dem Fernzug ICE. Hier verzeichnete das Unternehmen ein Plus von 3,1 Prozent. Auch der Verkauf von Abos habe deutlich angezogen, sagte Fuhrmann. Verglichen mit den ersten vier Monaten 2007 sei die Zahl der Reisenden in diesem Jahr von 868 auf 888 Millionen nach oben gegangen.

Ist Bahnfahren wirklich billiger?

Wer zu den Hauptverkehrszeiten mit der Bahn pendelt, spart durchschnittlich 45 Prozent der Kosten im Vergleich zum Auto, verkündet die Bahn und beruft sich dabei auf ADAC-Berechnungen zu einzelnen Strecken. Doch ADAC-Sprecher Maximilian Maurer mahnt zur Vorsicht: Bahnfahren sei nicht automatisch billiger. „Das hängt von vielen Faktoren ab, die der Reisende im Einzelfall prüfen muss.“ Eine Autofahrt in den Urlaub mit mehreren Personen sei auch angesichts explodierender Spritpreise in der Regel günstiger.

Der Verkehrsclub Deutschland rät dagegen vor allem Berufspendlern, auf die Bahn umzusteigen. „Gerade auf kürzeren Pendelstrecken ist das Autofahren teurer“, sagt Pressesprecher Daniel Kluge. Der übliche Stop-and-go-Verkehr fresse besonders viel Sprit. Und das Auto werde stark beansprucht. Ein Monatsticket der Bahn sei da auf jeden Fall die bessere Wahl. „Für kurze Wege lohnt es sich generell immer, das Auto stehen zu lassen“, sagt Kluge. Der Bahn dürfte dieser Rat noch mehr Kunden bescheren. Immerhin sind die Hälfte aller Wege, die die Deutschen mit dem Auto fahren, unter sechs Kilometer lang.

Ticketpreise bleiben gleich

Beim Blick ins Portmonee scheinen die vielen Klagen über Verspätungen und mangelnden Service derweil vergessen zu sein. Und Konzernsprecher Fuhrmann zeigt sich überzeugt, dass die Bahn die neue Kunden auch dauerhaft halten kann. Man sei nicht nur preiswerter als das Auto, sondern könne auch mit frisch renovierten Zügen, neuen Streckenverbindungen und günstigeren Spezial-Angeboten punkten. „Nur 15 Prozent unserer Kunden zahlen den Normaltarif“, sagt Fuhrmann.

Mehr Fahrgäste bedeuten auch mehr Einnahmen. Doch am Ticketpreis will das Unternehmen nicht rütteln. „Wir haben auch mit steigenden Energiepreisen zu kämpfen. Wir müssen weiter beobachten, wie sich der Markt entwickelt.“ Immerhin soviel verspricht Fuhrmann: „In diesem Jahr werden wir die Preise nicht mehr erhöhen."

Die Zahl der Reisenden wird nach Angaben der Bahn durch regelmäßige Zählungen ermittelt. Es lasse sich aber nicht «genau aufdröseln», wie viele Reisende vom Auto und wie viele vom Flieger auf den Zug umgestiegen seien, erläutert Fuhrmann.

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