Hannover. .
Das Cabriodach mit dem Handy aus der Ferne schließen und verschlissene Bremsklötze werden per SMS gemeldet . Die Telekom und Continental präsentieren das Handy als vielsseitig einsetzbare Auto-Fernbedienung. Die Pkw-Hersteller sind skeptisch und scheuen die Haftungsrisiken.
Der Alptraum eines Cabriofahrers: Man sitzt im Café und plötzlich prasselt ein Platzregen nieder. Die schönen Lederpolster sind nass, ehe der Fahrer angesprintet kommt. Der Cabriofahrer der Zukunft dagegen greift in die Tasche, zückt das iPhone und drückt auf dem My-Car-App die Taste zum Dachschließen. Ein schöner Traum? Nein. Auf der Computermesse Cebit zeigen die Telekom und der Zulieferer Continental an einem Forschungsfahrzeug, wie Auto und Handy zusammenwachsen können.
Im Grunde ist die Verbindung von Auto und Handy nicht schwer: Praktisch alle Funktionen moderner Autos werden elektronisch gesteuert oder gemessen. Diese Daten können per Funktelefon übertragen oder auch angesteuert werden, wie Projektleiter Marcus Heitmann von der Telekom erklärt: „Wir können zum Beispiel auf Handy oder PC anzeigen lassen, wie viel Benzin noch im Tank ist. Oder wo das Auto geparkt ist, wenn man etwa in einer fremden Stadt den Parkplatz nicht mehr findet.“
Über das Handy könnte der Wagen auch wie mit einer Fernsteuerung bedient werden: Die Sitzheizung kann schon mal vorgewärmt werden, oder der Sitz bei wechselnden Fahrern in die richtige Position gefahren. Auch für die Autohersteller ist die Integration einer Sim-Card in den Wagen interessant: „Der Hersteller könnten zum Beispiel eine SMS bekommen, wenn die Bremsklötze abgenutzt sind und erneuert werden müssen. Ersatzteile werden beim Servicebetrieb bereitgelegt, ein Terminvorschlag an den Fahrer geschickt“, sagte Ralf Lenninger, der bei Continental die Strategieentwicklung leitet.
Zurückhaltung bei den Autoherstellern
Die Handy-Fernsteuerung für das Auto ist laut Lenninger fertig entwickelt. Jetzt komme es darauf an, ob ein Autohersteller das System bei Conti und der Telekom bestellt. Doch die Industrie ist zurückhaltend. Bisher gibt es Mobilfunk als integrierte Funktion nur in Luxuswagen, meist in Kombination mit dem Ortungssystem GPS als Diebstahlschutz.Aber vor dem tiefen Eingriff in die Bordnetze scheuen die Hersteller zurück: Zu groß ist die Gefahr, dass Hacker auch zu sicherheitsrelevanten Funktionen durchbrechen können: Denn auch das elektronische Gaspedal oder die Bremsen können theoretisch per Handy betätigt werden, das ist technisch kein Problem. So ein Fall wäre für den betroffenen Hersteller aber wohl noch schlimmer als die aktuellen Rückruf-Probleme von Toyota.
Die Hersteller sind sowieso extrem zurückhaltend, wenn der Fahrer sich entmündigt fühlen könnte: Schon heute gibt es Sicherheitssysteme, die besser und schneller als der Fahrer Unfälle verhindern könnten. Dazu müssten sie aber die Kontrolle über den Wagen übernehmen und den Fahrer praktisch entmachten. Genau solche entmündigenden Eingriffe preist Telekom-Entwickler Heitmann als neue Möglichkeit an: „Wer sein Auto an den halbwüchsigen Sohn verleiht, könnte per Handy die Höchstgeschwindigkeit auf 120 Stundenkilometer beschränken oder würde per SMS informiert, wenn der Wagen weiter als 30 Kilometer vom Heimatort weg ist.“
Er ist sicher, dass erste Elemente aus dem Projekt in der nächsten Autogeneration auftauchen werden. Schon warnt Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar vor dem „gläsernen Autofahrer“. Fahrzeugbesitzer müssten erkennen können, welche Daten von Navigationshilfen, Mobilfunkeinrichtungen oder Notrufsystemen gespeichert würden, verlangte Schaar auf der Cebit. (apn)