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Ausgefallene Klimaanlagen in ICE- und IC-Zügen, verärgerte Reisende: Klare Kulanzregelungen, wie es sie aufgrund der neuen Fahrgastrechte bei Verspätungen gibt, greifen da nicht. Dennoch können Betroffene auf Entschädigung hoffen, zur Not per Schlichtungsstelle.

Petra vom Lehn ist auch drei Tage nach ihren Hitze-Erlebnissen mit der Bahn kaum zu bremsen: „In unserem Wagen war es mindestens 40 Grad heiß. Vor allem den älteren Herrschaften ging es sehr schlecht. Der Zug war voll besetzt, etliche Leute mussten stehen“, erinnert sie sich an ihre Fahrt im Wagen 9 des IC 2047 am 9. Juli von Hagen nach Bielefeld. „Egal, ob es friert oder heiß ist, die Bahn hat immer Probleme. Da muss man doch was tun!“, erregt sich die Geschäftsfrau aus Neuenrade.

Bahnreisende haben in solchen Fällen gute Chancen, bei der Bahn zumindest Kulanzleistungen einzufordern, erklärt Heinz Klewe, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp). Der Verein ist dann der richtige Ansprechpartner, wenn es um Reisebeschwerden im Fernverkehr der Bahn geht. „Der Ausfall von Klimaanlagen in Zügen ist nicht von den neuen Fahrgastrechten abgedeckt.“ Die würden nur bei Verspätungen oder Zugausfällen greifen. Klare Kulanzregelungen gebe es daher nicht. „Dennoch hat jeder Reisende natürlich zivilrechtliche Ansprüche. Immerhin sollte ihn die Bahn körperlich unversehrt ans Ziel bringen.“

Zeugen sammeln

Den Betroffenen der aktuellen Vorfälle des Wochenendes empfiehlt der Experte, die Kulanzforderung gemeinsam mit der Fahrkarte bei der Deutschen Bahn einzureichen. Sollte es zu keiner Einigung mit der Bahn AG kommen, können sich Reisende im Fernverkehr an die söp wenden, die dann weitere Schritte einleitet. Wenn es künftig erneut zu Problemen mit überhitzten Bahnabteilen kommen sollte, rät Klewe, sich den Ausfall der Klimaanlage vom Zugbegleiter schriftlich bestätigen zu lassen. Außerdem solle der Bahnmitarbeiter bestätigen, dass dem Reisenden kein Ersatzplatz angeboten werden konnte.

Wenn kein Zugbegleiter auffindbar ist, sei es auch immer ratsam, Zeugen zu sammeln und sich Telefonnummern der Mitreisenden zu notieren, empfiehlt Sara Zühlsdorf von der Schlichtungsstelle Nahverkehr in Düsseldorf. Ihr Verein ist für alle Reisebeschwerden im Nahverkehr in NRW zuständig, also beispielsweise für die S-Bahnen oder Regio-Züge. Im Gegensatz zu Verspätungen im Zugverkehr gehe es hier um die „subjektive Wertung“ der Reisenden. Da sei es besser, auf Zeugenaussagen Mitreisender verweisen zu können. Aber zu einer Schlichtungsverfahren muss es meistens gar nicht kommen. Aus ähnlichen Fällen berichtet Sara Zühlsdorf, dass die DB Regio sich meist kulant zeigt und zum Beispiel relativ unkompliziert Reisegutscheine ausstellt.

Eisenbahnbundesamt nimmt Untersuchungen auf

Das Eisenbahnbundesamt hat unterdessen erste Untersuchungen aufgenommen, so Pressesprecher Moritz Huckebrink. „Wir untersuchen sowohl die Vorfälle des Wochenendes als auch die in der Vergangenheit.“ Die Untersuchungen erstreckten sich auf die Technik der Züge als auch auf die betrieblichen Abläufe bei der Bahn.

Petra vom Lehn hatte noch Glück nach ihrer Horrorfahrt im überhitzten Intercity: „Mein Mann hat mich in Bielefeld mit dem Auto abgeholt,“ seufzt die Geschäftsfrau aus Neuenrade erleichtert. „Da funktionierte die Klimaanlage wenigstens.“