Essen. Straßenverkehrsbehörden und Polizei wollen bei der Verfolgung von Vergehen im Straßenverkehr auf digitale Technik setzen. So wird über eine elektronische Wegfahrsperre für Alkoholsünder diskutiert. Die Behörden erhoffen sich Erfolge sowohl bei der Prävention als auch bei der Aufklärung.

Polizei und Straßenverkehrsbehörden wollen die digitale Technik in Kraftfahrzeugen stärker nutzen, um Unfälle aufzuklären oder zu verhüten. Im Gespräch: Eine elektronische Wegfahrsperre, mit der verurteilte Alkoholsünder vor einem Rückfall bewahrt werden können. In NRW plant die Polizei überdies, häufiger Daten auszuwerten, die in der Airbag-Technik über das Fahrverhalten kurz vor einem schweren Unfall gespeichert worden sind.

Pusten vorm Fahren

Fachleute und Juristen wollen das Thema Wegfahrsperre im Juni in Bergisch-Gladbach auf einem Kongress der Bundesanstalt für Straßenwesen (BaSt) diskutieren und ausloten, ob das „Interlock”-System, das in mehreren Ländern erfolgreich eingesetzt wird, auch für Deutschland taugt. In 43 Staaten der USA und Schweden müssen verurteilte Alkoholsünder vor Fahrtantritt in ein Mundstück pusten. Ist der vorgegebene Promille-Grenzwert überschritten, versagt die Zündung den Dienst.

Simone Klipp, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bundesanstalt, sieht die Nutzung der Wegfahrsperre vor allem therapeutisch: „Die Rückfallquote bei Alkoholsündern ist hoch. Nach Untersuchungen werden 20 Prozent nach drei Jahren wieder auffällig.” Und: „In Ländern, in denen die Sperre gilt, wurde festgestellt, dass viele fehlgeschlagene Startversuche in den Morgenstunden unternommen wurden.” Restalkohol spiele eine viel größere Rolle als bisher angenommen, sagt Klipp. Fahrten in diesem Zustand könnten künftig verhindert werden. Ob es tatsächlich zur gesetzlichen Regelung kommt, ist offen. Die Geräte sind zwischen 1000 und 2000 Euro teuer.

Zeugen widersprechen sich häufig

Fortgeschrittener ist die Nutzung von Airbag-Daten zur Aufklärung von Unfällen. Das NRW-Innenministerium bestätigt, schon heute werde diese Quelle angezapft – dort, „wo es erforderlich ist”. Auch lehren die Polizeischulen den Umgang mit dem elektronischen Innenleben der Aufprallsäcke.

Hier gibt es bis zu 80 Schnittstellen, in denen Hinweise auf das Lenk- und Bremsverhalten, den Druck aufs Gaspedal oder die Geschwindigkeit registriert sind. Sie ließen zum Teil „eindeutige Aussagen zum Unfallhergang zu”, heißt es in einem Bericht von NRW-Polizeiexperten.

Die Polizeiexperten begründen die Notwendigkeit der Datenauswertung unter anderem damit, dass die Auswertung von Spuren nach herkömmlichen Methoden „immer häufiger Probleme aufwirft”. Durch den Einsatz von Antiblockiersystemen und anderen Techniken kämen zum Beispiel Bremsspuren, aus denen auf das Fahrverhalten vor dem Unfall geschlossen werden könne, immer seltener vor.

Außerdem: „Schilderungen von Zeugen am Unfallort widersprechen sich oft.”

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