Berlin. Der C02-Preis macht das Tanken und Heizen mit Öl und Gas seit Anfang des Jahres teurer. Das soll Klimaschutzanreize schaffen und den Umstieg auf saubere Energiequellen befördern. Doch die Zusatzkosten für Bürger bergen sozialen Sprengstoff.

Müssen ärmere Menschen für mehr Klimaschutz tiefer in die Tasche greifen als wohlhabende? Genau das legt eine Analyse nahe, die der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Auftrag gegeben hat. Demnach belastet der seit Januar geltende CO2-Preis auf Kraftstoffe Haushalte mit geringem Einkommen am stärksten.

Die Studienautoren kommen zum Schluss, dass die bislang beschlossenen Maßnahmen zur Kompensation von höheren Spritpreisen nicht ausreichend seien, um Geringverdiener mehr zu entlasten als Besserverdiener.

Mobilitätskosten belasten Einkommensschwache stärker

Eine Betrachtung für das Jahr 2021 ergab den Verbraucherschützern zufolge, dass die Gruppe der einkommensstärksten 30 Prozent nach jetzigem Stand mehr als ein Drittel der CO2-Preis-Mehrkosten wieder zurückerhält. In der unteren Einkommenshälfte würden dagegen lediglich 10 bis 17 Prozent der gestiegenen Mobilitätskosten ausgeglichen. Die untere Einkommenshälfte reicht nach vzbv-Angaben bis zu einem Haushaltsnettoeinkommen von etwa 1500 Euro pro Person.

Erstellt haben die
Studie die Forschungsstätte evangelischer Studiengemeinschaft (FEST) und das Forum ökologisch-sozialer Marktwirtschaft (FÖS).

vzbv-Vorstand Klaus Müller forderte die Bundesregierung am Mittwoch zum Handeln auf. "Haushalte mit niedrigem Einkommen leiden unter den steigenden Spritkosten und brauchen dringend Unterstützung von der Politik", sagte Müller. Der Verband schlägt unter anderem einen deutlichen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und ein einkommensunabhängiges Mobilitätsgeld vor.

Pendlerpauschale führt zu ungleicher Entlastungswirkung

Die ungleiche Belastung unter den Einkommensgruppen liegt den Studienautoren zufolge vor allem an der Pendlerpauschale. Von der würden Mehrverdiener wegen des höheren Grenzsteuersatzes stärker profitieren, heißt es in dem Gutachten. Daneben haben die Forscher die Wirkung von zwei weiteren Maßnahmen zur Kompensation steigender CO2-Preise untersucht: die Absenkung der EEG-Umlage und die Einführung einer Mobilitätsprämie ab dem 21. Kilometer. "Die Berechnungen dieser Studie zeigen, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen", lautet die Berichtsbilanz.

Die Studie beschreibt die sozialen Auswirkungen des seit 1. Januar geltenden CO2-Preises auf Öl und Gas. Derzeit beträgt er 25 Euro pro Tonne CO2; der Preis soll mit den Jahren weiter steigen, um den Einsatz fossiler Brennstoffe im Sinne von mehr Klimaschutz unattraktiver zu machen. So hat der derzeit geltende Aufschlag das Tanken bislang um etwa sieben bis acht Cent je Liter verteuert.

Mobilitätsgeld für alle gefordert

Auch im Wahlkampf spielt das Thema sozialer Ausgleich bei steigenden Klimaschutz-Kosten eine große Rolle. "Es kann nicht sein, dass Menschen mit geringen Einkommen die Zeche für den Klimaschutz bezahlen", sagte der Linken-Politiker Maximilian Becker der dpa. Die Pendlerpauschale müsse zu einem "Mobilitätsgeld für alle" werden, Multimillionäre sollten eine Klima-Abgabe zahlen, forderte das Vorstandsmitglied der Partei.

Für den Verbraucherzentrale Bundesverband ist klar: Die kommende Bundesregierung muss dringend handeln. Sonst steige in den kommenden Jahren "neben dem CO2-Preis das Risiko einer sozialen Spaltung", warnte vzbv-Vorstand Müller.

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