Saarbrücken. Wegen eines Formfehlers werden neue Raser-Regeln vorerst nicht geahndet. Bund und Länder müssen nun klären, wie es mit der neuen Straßenverkehrsordnung weitergeht - es zeichnen sich schwierige Verhandlungen ab.
Die neuen und schärferen Regeln für Fahrverbote bei zu schnellem Fahren werden wegen eines Formfehlers nun bundesweit vorerst außer Vollzug gesetzt. Alle Länder seien sich in dem dem Punkt einig, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am 9. Juli nach einer Schalte der zuständigen Länderminister.
Fahrverbote für Raser nach dem neuen Bußgeldkatalog werden demnach derzeit überall nicht verhängt, in den meisten Ländern wird vorerst wieder der alte Katalog angewandt.
Ende April trat eine umfassende Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft, bei der es im Kern eigentlich um mehr Schutz und attraktivere Bedingungen für Fahrradfahrer geht. Zur Reform gehören auch verschärfte Regeln bei zu schnellem Fahren: Innerorts reichen demnach 21 Kilometer pro Stunde mehr als erlaubt, um einen Monat Fahrverbot zu kassieren. Außerorts sind es 26 km/h, anders als bisher kann schon beim ersten Mal der Führerschein für einen Monat weg sein. Bisher waren es 31 km/h im Ort und 41 km/h außerhalb.
Dann aber tauchten vor kurzem rechtliche Bedenken bei der Formulierung zu den Fahrverbotsregeln auf, es geht um einen Formfehler. Der Bund hatte deswegen erklärt, die neuen Regeln seien nichtig, und hatte die zuständigen Länder aufgefordert, erst einmal wieder den alten Katalog anzuwenden.
Wer für den Fehler verantwortlich ist, blieb bisher unklar. Ebenso ist unklar, ob nun die gesamte StVO-Novelle noch einmal neu verhandelt werden muss. Offen ist auch die Frage, wie mit Autofahrern umzugehen ist, die bereits nach dem neuen Bußgeldkatalog bestraft wurden. Das Bundesverkehrsministerium wollte sich am Donnerstag nicht äußern - auch nicht dazu, wie es nun weitergeht. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte zuvor angekündigt, er wolle eine "klare, faire und zügige Lösung".
Faktisch liegen die neuen Regelungen zum Fahrverbot nun überall auf Eis. Entweder es gelten wieder die bisherigen Regelungen im alten Bußgeldkatalog. Oder, wie etwa in Thüringen, die Strafen nach dem neuen Katalog werden derzeit nicht vollzogen. Es werde weiterhin kontrolliert, nur die Verstöße würden erst später geahndet, erklärten das dortige Innen- und das Infrastrukturministerium auf dpa-Anfrage.
In Bremen gilt bis auf weiteres der Ende April in Kraft getretene Bußgeld-Katalog, wie ein Sprecher der Verkehrssenatorin sagte. Verstöße, die einen Punkt in Flensburg oder oder ein Fahrverbot zur Folge haben, würden aber solange ausgesetzt, bis über eine bundeseinheitliche Regelung entschieden wurde.
Die Verkehrsminister der Länder verlangten schnelle rechtliche Sicherheit. "Das Bundesverkehrsministerium muss jetzt umgehend einen Vorschlag vorlegen, der Klarheit und Rechtssicherheit schafft", forderte die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Saarlands Ressortchefin Anke Rehlinger (SPD). Scheuer habe eine "Straßenverkehrsunordnung" geschaffen.
Scheuer waren die schärferen Regeln bei zu schnellem Fahren - die der Bundesrat ergänzt hatte - schon vor Bekanntwerden der rechtlichen Unsicherheiten ein Dorn im Auge. Er hatte auch mit Blick auf Proteste unter Autofahrern gesagt, die neuen Regeln seien unverhältnismäßig.
Strittig unter den Ländern ist, wie die künftigen Grenzen nun aussehen sollen. "Alle Länder sind sich einig, dass es möglichst schnell einen neuen Bußgeldkatalog geben soll. Wir wollen keine Blockade, sondern eine konstruktive Lösung, damit beispielsweise die neuen Abstandsregeln zum besseren Schutz von Radfahrern in Kraft treten können", sagte Herrmann.
Allerdings gingen die Meinungen auseinander, ob es schärfere Regeln für Fahrverbote geben solle. "Einige Länder, darunter Bayern, sind dafür, es bei den Regelungen im alten Bußgeldkatalog zu belassen", sagte der CSU-Politiker. "Mindestens die Hälfte der Länder will die Regeln aber verschärfen." Bereits in der kommenden Woche solle es nun Gespräche mit dem Bund geben, um möglichst rasch eine Lösung zu finden, sagte Herrmann.
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