Stuttgart. Ende Januar wird das neue Porsche-Museum in Stuttgart offiziell eröffnet. 100 Millionen Euro hat die Sportwagen-Ruhmeshalle gekostet, 82 Fahrzeuge warten auf die Besucher. Erste Einblicke waren schon erlaubt.
Man kann auf das Gebäude des neuen Porsche-Museum starren, bis die Augen zu bluten beginnen, doch die Fassade wird keine Elemente der typischen Formensprache der Firma offenbaren. Während die Sportwagen aus Zuffenhausen mit fließenden, rundlichen Formen zur Legende geworden sind, bietet ihre neue Luxus-Garage gewagte Winkel, scharfe Kanten und schiefe Ebenen. Doch eins haben die Designs gemeinsam: Ihr Anblick ist atemberaubend.
100 Millionen Euro hat die Sportwagen-Ruhmeshalle gekostet, gut 80 Fahrzeuge warten auf die Besucher. Schon der erste Blick in den komplett in gletscherartigem Weiß gehaltenen Raum zeigt: Hier sprechen die Exponate für sich, die Dekorationen sind minimal, und an Erlebnis-Elementen gibt es lediglich eine „Sound-Dusche”, in der man sich die Gehörgänge mit ausgewähltem Motorenlärm durchspülen lassen kann. Darüber hinaus ist keine weitere akustische Untermalung geplant, man darf also beim Publikumsbetrieb von andächtiger Stille ausgehen.
Seit Jahrzehnten dominiert der höchst erfolgreich Porsche 911 (sogar die Telefonnummer lautet 911-0), und so ist es kein Wunder, dass seinen zahlreichen Varianten 15 Startplätze zugeteilt wurden. Darunter auch eine automobile Variante der „Körperwelten”, für die ein „Elfer” der Länge nach in drei Teile durchgeschnitten wurde. (Man beachte Details wie die sauber durchtrennte Mullbinde im Verbandskasten).
Die 911-Flotte ist jedoch so geschickt ausgeschwärmt, dass sie die anderen Baureihen nicht auszubremsen droht. Hier die willkürliche Ziehung einiger magischer Zahlen: Der 356 stand 1949 am Anfang der Serienfertigung, mit ihm begann die beispiellose Erfolgsgeschichte. Mit dem 550 Spyder raste James Dean in den Tod (was in der Info-Tafel nicht erwähnt wird und das Understatement vielleicht etwas zu weit treibt). Der 928 – gebaut ab 1977 – trägt ein Blechkleid, dessen Zeitlosigkeit nur vom Ro 80 übertroffen wird. Der 959 sprach, technisch gesehen, in den 80er Jahren das letzte Wort. Der monströse 917 hat gleich im Sechser-Pack eingeparkt – auch in der orange-hellblauen „Gulf”-Version, die einen schwören lässt, heute abend exakt 30 Sekunden nach der Rückkehr Steve McQueens „Le Mans” in den DVD-Player zu schieben. Dass der Renn-Kollege der Baureihe 956 wie eine Turbo-Fledermaus unter der Decke klebt, hat einen erstaunlichen physikalischen Grund: Bei 321,4 km/h wäre es ihm dank des „Ground-Effekts” theoretisch möglich, dort oben zu fahren.
Dass Porsche auch seine aktuellen Modelle wie den Cayenne oder den Cayman ins Museum rollt, ist ein Stunt, mit dem wohl keine andere deutsche Autofirma davonkommen würde. Hier soll demnächst auch der viertürige Panamera stehen, der einen unwahrscheinlichen Vorgänger mit dem viertürigen 928 besitzt, den die Belegschaft Ferry Porsche zum 75. Geburtstag schenkte. Nicht so skurril, sondern eher visionär wirkt das Einzelstück, über das sich der 1998 verstorbene Firmen-Patriarch zum 80. Geburtstag freuen durfte. Diese Kreuzung aus 911 und Dünenbuggy könnte man heute noch als Studie zu anschwellenden „Bitte-baut-dieses-Auto!”-Chören auf jeder Messe der Welt enthüllen. Da staunt der Porsche-Fan (für diese Zielgruppe werden sogar Jahreskarten angeboten), und jeder Auto-Interessierte wundert sich.
Nur um einen ganz besonderen Service des Porsche-Museums auszuprobieren, würde es sich übrigens fast lohnen, 2499 Euro in den Kauf eines ausgeleierten 944 zu investieren: Den könnte man dann zum Zündkerzenwechsel in der – von einer großen Glasfront im Foyer einzusehenden – historischen Werkstatt anmelden, um nachher frech zu behaupten, dass dieses Auto mal im Porsche-Museum stand ...
(Fotos: Michael Collins)
Porsche-Museum mit Erinnerungslücken