Essen. Die Designer bei Chevrolet haben den Rückwärtsgang eingelegt. Die nach vorn leicht zulaufende Motorhaube, die weit ausgestellten Kotflügel, die Fenster mit den abgerundeten Ecken, die runden Rücklichter – der HHR soll den Geist der alten Ami-Autos auch auf die Straßen Europas bringen.
Vorbild ist der Chevrolet Suburban von 1949. Deshalb heißt der Wagen auch HHR: High Heritage Roof – Erbstück mit hohem Dach. Oder so.
So geduckt und bullig und mit abgedunkelten Scheiben hätte sich der HHR schon als Al Capones Dienstauto gut gemacht, vor allem in Schwarz. Man fühlt sich in ihm zumindest kugelsicher.
Wobei der Motor schneller klingt als er ist und dem HHR zwar guten Durchzug, aber auch nicht die Fluchtwagenqualitäten schenkt, die man bei 177 PS erwarten könnte. Es sei denn, man schaltet öfter vom fünften in dien vierten Gang zurück. Der Wendekreis ist auch ziemlich groß.
Chevrolet HHR
Maße & Gewichte: Länge 4,48 m, Breite 1,76 m, Höhe 1,59 m, Radstand 2,63 m, Gewicht mit Fahrer 1530 kg, Zuladung 363 kg, Kofferraum- 430, Ladevolumen 960 l.
Motor & Fahrleistungen: 2,4-l-Vierzylinder, Benziner, 170 PS/6200 UPM, Drehmoment 222 Nm/4800 UPM, Fünfgang-Schaltgetriebe, Frontantrieb, 0 auf 100 km/h in 9,1 sek., 180 km/h Spitze, praxisferner Normverbrauch 8,6 l Super gleich 207 g CO2/km. Mit Autogas: 60-l-Gastank in der Reserveradmulde.
Preise & Ausstattungen: 22 990 €, ESP, vier Airbags, Klimaanlage, Radio Serie. Schiebedach 790 €, antiquierte Vierstufen-Automatik 1200 €, Metalliclack 490 €. Autogas-Umrüstung 2950 €.
Fazit: Retro mit wenig Charme, aber ein Hingucker – und günstig.
Der HHR ist eben eher fürs entspannte Dahinfahren gemacht. Dann fällt es auch nicht so ins Gewicht, dass der Motor – auch weil ihm jegliche Spar-Technik abgeht – einen großen Teil der Beute versäuft: 9,5 Liter bei viel Autobahnfahrt mit maximal 130, das ist nicht sparsam. Und wer schneller fährt, wird schnell zwölf und mehr Liter auf 100 Kilometer los. Wie einem die Windgeräusche auf der Autobahn verraten, liegt das auch daran, dass der HHR ein aerodynamischer Problembär ist. Einen Diesel bietet Chevrolet nicht an, und man möchte nicht darüber nachdenken, was für eine Spritvernichtung die optionale und veraltete Viergangautomatik anrichten würde.
Immerhin hatte Al Capone zwei Dinge nicht: Die potente Sitzheizung und den Flüssiggas-Antrieb. Dann ist beim HHR zusätzlich zum Benzintank ein 30 Liter großer Gastank an Bord und das Auto verdaut auch LPG („Liquid Pressurized Gas” – unter Druck stehendes Flüssiggas). Das kostet nur etwa 75 Cent pro Liter, weil der Staat es bis 2018 bei der Steuer bevorzugt. Auch wenn mit dem Gas der Verbrauch leicht steigt: Günstig ist es immer noch.
Ob man den Motor mit Benzin oder Gas ernährt, kann man mit einem dezenten Knopf unten am Übergang zur Mittelkonsole auswählen. Vier grüne Leuchtdioden zeigen an, wie viel Gas noch im Tank ist. Das und den Umschaltknopf verrät einem aber keine Beschriftung, nur das Hirn und der Trieb zum Ausprobieren. Dabei findet man dann auch die Fensterheber-Schalter und den gut versteckten Knopf für den Heckscheibenwischer.
Das Retro-Design des HHR ist nicht unsympathisch – aber auch kein großer Wurf. Zumindest sieht ein Chrysler PT Cruiser oder auch ein VW New Beetle gefälliger aus. Bei denen gilt aber wie beim Chevy: Fürs Aussehen muss man im Alltag bezahlen. Man erwartet es fast: Die Übersichtlichkeit nach schräg vorn (und noch mehr nach hinten) ist schlecht, ein Parksensor ist nicht Serie. Fahrer ab 1,85 Meter müssen – wenn sie das Schiebedach kaufen – auf den weißen Filzhut unbedingt verzichten, weil die Haare schon ohne den Dachhimmel küssen. Wenn es schon Höhenzentimeter raubt, schenkt einem das Glasdach wenigstens Licht.
Der Kofferraum ist kein Traum, es sei denn, man legt die Lehnen der Rückbank um. Und niemand verrät einem, dass der Boden auch die Abdeckung sein soll. Dafür hat es immerhin einigermaßen Freiheit auf der Rückbank. Fast ein Designverbrechen ist in diesem Auto das zwar verspielte und ablesbare, aber nicht besonders schöne Armaturenbrett. Daran finden sich (zum Beispiel das Lenkrad) immer noch Elemente aus anderen General-Motors-Modellen Und im Dunkeln leuchtet da viel von diesem typisch-zweckmäßigen Digitalgrün. Das ist auch retro – wirkt aber wie bei einem 80er-Jahre-Taschenrechner. Auch das passt zur seltsamen Ausstrahlung, die der HHR verströmt: Retro mit Moderne, aber ohne Charme. Amerikanisch und auch irgendwie nicht. Okay, der HHR ist günstig und ein Hingucker. Aber man kann sagen, was man will: Al Capone hatte zumindest mehr Eleganz.