Essen. Daimler feiert endlich das Erreichen der siebenstelligen Smart-Produktionsgrenze. Nach seinem Erscheinen 1998 stand das „Benzchen” oft auf der Kippe. Jetzt hat für den sparsamen Zweisitzer eine große Zukunft begonnen.
Einer guten Idee ist es egal, wann ihre Zeit reif ist. Benzinpreisschock, Kleinwagenboom und Batterieauto-Visionen ebnen dem Smart den Weg in eine Zukunft als zeitgerechtes Ökomobil. Dabei musste die ursprüngliche Idee des minimalistischen Swatch-Autos im vergangenen Jahrzehnt eine Pannenserie sondergleichen überleben.
Der Smart kippte schon vor seinem Erscheinen wie die Mercedes A-Klasse beim missglückten Elchtest um. Der Marktstart des unfertig entwickelten Mobils musste deshalb um fünf Monate verschoben werden, was einige Privatinvestoren der neuen Smart Center mit ihren charakteristischen Türmen an den Rand des Ruins brachte.
Zunächst begeisterten sich eher Senioren
VW-Boss Ferdinand Piëch durfte sich die Hände reiben. Er hatte dem Swatch-Erfinder Nicolas Hayek eine Millionenabfindung gezahlt, um das Uhrenauto bei VW wieder loszuwerden. Nach der Startpleite sah Daimler bei seiner kleinsten Tochter genauer hin, aber die Fehler wurden auch mit Hayeks Ausscheiden nach 1998 nicht weniger.
Der Smart floppte bei der Presse wegen seines Fahrverhaltens und des hohen Preises. Die Werbekampagne floppte, weil sich eher Sen- als Junioren für den Zwerg begeisterten. Die Nachfolgeprodukte wie Roadster und Coupé im Jahr 2003 floppten, die Zusammenarbeit mit Mitsubishi beim Viersitzer floppte, und das Hybridkonzept floppte ebenfalls.
Mehr als 120 000 Smarts im Jahr wurden nie in der Fabrik im lothringischen Hambach gebaut. Angekündigt hatte man als Ziel 200 000 Stück. Erst nach zehn Jahren sind heute eine Million Stück erreicht – die baut Renaults Billigtochter Dacia bald in einem Jahr.
2007 kam die Wende
Nach den hohen Anlaufverlusten produzierte die Mini-Marke zwischen 2003 und 2006 über eine Milliarde Euro Verlust – pro Jahr. Aktionäre, so der große Anteilseigner Kuwait, forderten den Verkauf, und Daimler-Boss Dieter Zetsche ließ Käufer suchen. Was floppte.
2007 kam die Wende zum Besseren mit dem stark überarbeiteten Zweisitzer. Alle anderen Smart-Modelle sind eingestellt, die vormals eigenständige Marke in den Daimler-Konzern integriert, die Center abgewickelt. 16.000 Smart wurden seit Januar in den Pick-up-müden USA verkauft, unüblicherweise zum annähernd identischen Nettopreis wie in Europa.
Nächstes Jahr startet China als Smart-Land Nummer 37. Der Zweischichtbetrieb in Hambach ist bereits mit 140 000 Stück ausgelastet. Als Diesel ist der Smart das sparsamste Serienauto der Welt, und in London rollen Protoytpen erfolgreich als Elektrowagen. 2010 startet die Version mit modernster Lithium-Ionen-Batterietechnik für alle.
Dann schließt sich der Kreis: Hayek wollte sein Swatch-Auto von Beginn an elektrifizieren. Einer guten Idee ist es schließlich egal, wer sie zuerst gehabt hat.